Der Supergau wirkt immer noch nach

Nachricht Hildesheim, 22. Juni 2018

Gartenfest für Kinder aus der Tschernobyl-Region in der Paulusgemeinde Himmelsthür

Hildesheim. Erde fliegt ins Pflanzloch, jeder darf mal den Spaten nehmen und dabei helfen, einen Kirschbaum einzupflanzen. „Das ist ein Wunschbaum“, erklärt Gisela Meyer-Menk, Mitglied des Kirchenkreisvorstandes, „jedes Kind schreibt einen Wunsch auf einen Zettel und die hängen wir dann an den Baum.“ 

Das Einpflanzen des Baums ist Teil des Gartenfestes in der Paulusgemeinde in Himmelsthür. Es bildet den feierlichen Abschluss für einen Ferienaufenthalt von zehn Kindern aus einer weißrussischen Region nahe Tschernobyl. 

Bereits zum 29. Mal organisiert der Kirchenkreis Hildesheim-Sarstedt gemeinsam mit der Ev.-luth. Landeskirche Hannover Erholungsurlaube für Kinder aus der Umgebung des Supergaus von 1986. Auch über 30 Jahre nach der radioaktiven Katastrophe sind die Folgen noch deutlich spürbar. Dazu zählen insbesondere Schäden für die Landwirtschaft und starke gesundheitliche Beeinträchtigungen. Das gilt auch für die Kinder, deren Körper ziemlich hohe Mengen vom radioaktiven Cäsium aufweisen. In den letzten Jahren kam es zu einem erneuten Anstieg von Schilddrüsenkrebs insbesondere bei Kindern und Jugendlichen.

Zu den präventiven Maßnahmen zählt die Stärkung des Immunsystems. Das kann zum Beispiel schon durch einen Ferienaufenthalt der Kinder in einem gesunden Umfeld geschehen. Hier setzt das Ferienprogramm der Landes an. Insgesamt 500 Kinder kommen dieses Jahr über drei Monate verteilt nach Niedersachsen. Untergebracht werden sie in Gastfamilien. 

„Wir kommunizieren mit Händen und Füßen und mit dem Google-Übersetzter“, erzählt Gastmutter Regine Vollmer über den Alltag mit den Kindern. Zwei Jungen hat sie mit ihrer Familie aufgenommen. Meistens funktioniere es so ganz gut, nur neulich hatte einer der Jungen Bauchschmerzen, da reichte der Google-Übersetzer nicht mehr aus. Für solche Fälle gibt es aber eine Dolmetscherin. Sie konnte die Gastmutter dann auch beruhigen: der Grund für die Bauschmerzen war eine zu große Portion Wassermelone. Ihre Motivation, Gastkinder aufzunehmen, sei es zu helfen, sagt Regine Vollmer. Zudem empfinde sie den kulturellen Austausch als Bereicherung für ihre eigenen Kinder. 

Das Gartenfest ist nur eine von vielen Aktionen, die der Kirchenkreis gemeinsam mit den Kindern unternimmt. „Wir holen die Kinder morgens um 9 Uhr ab und dann unternehmen wir zusammen etwas. Wir gehen schwimmen, basteln oder fahren ins Rastiland“, so Gisela Meyer-Menk. Ein Highlight ist auch der einwöchige Aufenthalt im Harz. Am kommenden Montag werden alle gemeinsam noch eine kleine Shoppingtour durch die Hildesheimer Innenstadt machen. Vielleicht um das ein oder andere Mitbringsel für die Familie in der Heimat zu kaufen, denn am Dienstag geht es für die Kinder wieder zurück.

Es entstehen sogar langjährige Freundschaften. Regine Krone, die ebenfalls jahrelang Gastmutter war und heute vor allem für die Organistation und Durchführung der Aktion zuständig ist, bekommt noch regelmäßig Besuch von ehemaligen Gastfamilien. Und ist selbst auch schon einige Male nach Weißrussland gefahren. „Wir müssen mal wieder hin“, sagt sie, „es fragen uns dort schon immer alle, wann wir mal wieder kommen.“ Lisa Krusche

Info-Abspann

Die Aktion wird überwiegend durch Spenden finanziert. Interessierte finden mehr Informationen und Ansprechpartnerinnen unterhttp://www.kk-hs.de/bildung/tschernobyl-ferienkinder.