Wie krank ist Schlaf?

Die Spielzeit „Schlafen“ lässt uns viel verstehen über das Ausruhen, die Selbstfürsorge und Bedürfnis nach Entspannung. Aber was ist, wenn der Schlaf nicht Ruhe sondern Stress oder gar Krankheit bedeutet? Drei aktuelle deutschsprachige Autor:innen geben ihren ganz eigenen Zugang zur kranken Seite des Schlafs.
Tamar Noort lässt in „Der Schlaf der anderen“ (Rowohlt) zwei Frauen mit Schlafstörungen aufeinander treffen. Als Nachtwache im Schlaflabor bringt Janis Fremde ins Bett und schaut ihnen beim Schlafen zu. Der Tag-Nacht-Rhythmus, der anderen Menschen eine natürliche Struktur gibt, gilt für sie nicht. Janis hat keine Familie, lebt allein. Sie trifft auf die Patientin Sina, eine Lehrerin mit geregeltem Alltag. Je weniger sie schläft, desto mehr entgleitet Sina die Kontrolle über ihre Familie, ihre Arbeit und ihr ganzes Leben. Als sie abzurutschen droht, ist Janis die Einzige, die sie halten kann. Langsam beginnen beide Frauen, sich von dem Takt, den der Alltag ihnen vorgibt, zu befreien.
Urs Faes hingegen lässt den Protagonisten der „Sommerschatten“ (Suhrkamp) am Krankenbett seiner im Koma liegenden Lebensgefährtin Ina über die gemeinsame Zeit nachdenken. Nach einem Unfall beim Freitauchen weiß niemand, ob ihr Gehirn Schaden genommen hat und ob sie je wieder aufwachen wird. In den folgenden Tagen bangt er um ihr Überleben, benachrichtigt er Freunde und Verwandte, erinnert sich an das tastende Kennenlernen, die geteilten Wege und Glücksmomente. Er harrt an Inas Krankenbett aus, spricht zu ihr, liest ihr vor, hofft, sie möge endlich aufwachen, zurückkehren zu ihm. Sein Erzählen ist Notwehr gegen das Gefühl des Verlassenseins, die Angst, sie endgültig zu verlieren.
Selma Kay Matter berichtet über die Krankheit ME/CFS, was auch unter dem Namen chronisches Erschöpfungssyndrom bekannt ist. „Muskeln aus Plastik“ (Hanser) beschäftigt sich mit chronischer Erkrankung und Transness – und der Art und Weise, wie unsere Gesellschaft über „gesunde“ Körper nachdenkt und spricht.  Jenseits aller formalen und intellektuellen Traditionen untersucht Selma Kay Matter die dünne Linie zwischen Lust und Schmerz und erdenkt in seinem Debüt dabei neue Formen von Care, Intimität und queerem Widerstand.
Moderiert wird der Abend von Andrea Schwyzer, geb. 1980 in Zürich. Sie ist freie Hörfunkjournalistin und war unter anderem für das Schweizer Radio und Fernsehen (SRF) tätig. Seit 2012 lebt sie in Hannover und arbeitet als Autorin, Rezensentin und Moderatorin unter anderem für NDR Kultur.
Die Veranstaltung wird aufgezeichnet und im Sonntagsstudio von NDR Kultur ausgestrahlt.

Das Literaturhaus bittet bei dieser Veranstaltung um das Tragen einer FFP-2-Maske

Eintrittspreis/Kosten

Eintritt 15 Euro/ermäßigt 7 Euro. Vorverkauf im Online-Ticketshop oder bei Ameis Buchecke