Nicht auf Perfektion getrimmt

Nachricht Groß Lobke, 01. Juli 2016
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Große Nachfrage beim „Zirkus vor der Stadt“, dem neuen Ferienangebot des Kirchenkreisjugenddienstes

Groß Lobke. Vielleicht kann ja eine Nummer für die Clowns daraus werden: Quarkkartoffeln soll es heute zum Mittagessen geben. Nur hat der Menü-Service leider den Quark vergessen. Also Kartoffeln pur? „Nee, da müssen wir uns noch was einfallen lassen“, beruhigt Dietrich Waltemate. Keine Panik, es soll ja erst in einer Viertelstunde Essen geben.

Der Zirkus MiMa, ein Aushängeschild des evangelischen Kirchenkreisjugenddienstes Hildesheim-Sarstedt, hat seine Zeltstadt am Jugendfreizeitheim in Groß Lobke aufgeschlagen. Das ist an sich nichts Ungewöhnliches, Diakon Dietrich Waltemate und sein Team sind oft hier gewesen. Und doch ist das Gastspiel in diesem Jahr besonders und neu, weil der Mitmach-Zirkus in seinem 28. Jahr gewohnte Pfade verlässt. Sonst ist der Zirkus im Sommer immer zu einer mehrwöchigen (Fahrrad-)Tournee aufgebrochen, diesmal bleibt er daheim. 

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Das hat zwei Ursachen: Zum Einen haben zwei langjährige Ehrenamtliche aufgehört, die immer die Transporter mit dem Material von einem Ort zum anderen gefahren hatten, während die Zirkus-Crew mit dem Rad unterwegs war. Doch es gibt auch einen inhaltlichen Grund: Durch einen Personalwechsel konnte der Kirchenkreis sein Ferienangebot „Sommer vor der Stadt“ nicht aufrechterhalten. Das war eine einwöchige Aktion, um Eltern zu entlasten, die sich keinen Urlaub leisten können oder arbeiten müssen. Morgens um 8 Uhr haben die Eltern ihre Kinder zum ZOB gebracht, nachmittags um fünf nach einem ereignisreichen Tag in Groß Lobke wieder abgeholt. Die Lücke, die fast entstanden wäre, füllt nun MiMa und wird damit zum „Zirkus vor der Stadt“.

Der Modus ist geblieben. Die Kinder werden mit dem Bus geholt und gebracht, feste Kosten gibt es nicht. Die Eltern zahlen anonym, so viel wie sie können und mögen. Zuschüsse des Kirchenkreises, der Stadt und des Landkreises Hildesheim, der Bürgerstiftung Hildesheim, des Lions Clubs Hildesheim Rose und der Johannishofstiftung machen es möglich. Die Kombination aus Zirkus und verlässlichem Ferienangebot war so attraktiv, dass die 50 freien Plätze ruckzuck ausgebucht waren.

In Groß Lobke haben die sieben- bis zwölfjährigen Kinder täglich vier Proben. Begleitet von zwei hauptamtlichen und 16 ehrenamtlichen Kräften – Jugendliche, die fast alle früher selbst bei MiMa-Fahrten dabei waren –, üben Zirkus-Kunststücke ein: als Fakire und Zauberer, als Drahtseil- und Einrad-Artistinnen, als wilde Tiere, Clowns oder Mitglieder des Wasserballetts. „Wir wollen die Kinder nicht auf eine perfekte Show hintrimmen“, sagt Dietrich Waltemate. Es gehe einfach darum, Neues kennenzulernen und sich auszuprobieren. „Wenn die Kinder merken, was für besondere Fähigkeiten sie haben, ist das schon grandios“, freut sich Waltemate. 

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Ein bisschen Nervenkitzel gehört freilich dazu, deshalb ist für den letzten Tag eine Vorstellung für die Eltern angesetzt. Mit Kostümen, Musik, Choreografie und allem, was beim Zirkus dazu gehört. Der MiMa-Kostümfundus, der in drei großen, rollbaren Flightcases untergebracht ist, kommt bei so vielen ArtistInnen natürlich an seine Grenzen. Eine Seiltanzgruppe mit sieben Mitgliedern? „So viele Hawaii-Hemden haben wir nicht, das sage ich euch gleich“, stellt Dietrich Waltemate direkt klar. Sein Vorschlag: „Weiße T-Shirts, schwarze Leggings.“ Die Beschwerde lässt nicht lange warten: „Öhh, das ist langweilig!“ Na gut, die Mädchen dürfen sich zusätzlich Tütüs in Regenbogenfarben anziehen.

So sind alle vollauf beschäftigt, es fällt gar nicht auf, dass eigentlich das Mittagessen auf dem Tisch stehen müsste. 20 Minuten später hat der Bringdienst seinen Fauxpas ausgebügelt und nachgeliefert. Quarkkartoffeln ohne Quark, den Joke können sich die Clowns fürs nächste Jahr aufbewahren. Ralf Neite