Wenige hundert Meter weiter auf dem Andreasplatz konnten PassantInnen bei einer interaktiven Performance über elektronische Signale BläserInnen-Improvisationen in Gang setzen: Der Tuba-Spieler stand barfuß im Brunnen, der Hornist saß rittlings in den Ästen einer hohen Platane, die Beine einer Trompeterin baumelten lässig aus einem Fenster und aus einem anderen Fensterrahmen schob sich der Zug einer Posaune hervor.
In der Fußgängerzone machte sich derweil ein 20-köpfiges Ensemble für die „begehbare Bläserinstallation“ breit. Viele, die beim Einkaufsbummel überrascht wurden, hatten großen Respekt und zwängten sich an den Seiten vorbei; Mutigere genossen es, mitten zwischen den Blasmusikerinnen zu stehen und alte Choräle aus einer völlig neuen Perspektive kennen zu lernen.
Der Nachmittag stand im Zeichen intimerer Musikerlebnisse. Im „Klanggarten“ lauschten die Besucher/innen im strahlenden Sonnenschein den reichen Obertönen von Naturinstrumenten nach. In einer Vielzahl von Workshops konnten sich Junge und Alte mit African Gospel, dem Orgelspiel oder historischen Tänzen vertraut machen. Die Kirchen der Stadt boten parallel eine riesige Auswahl von Konzerten aus der ganzen Palette der Kirchenmusik. Jazz und Barock trafen aufeinander, Orgel und mittelalterliche Instrumente führten Dialog, eine Tango-Messe berührte mit Tanz und argentinischem Flair, Blasinstrumente und Orgel ließen mit vereinten Kräften Holzdielen unter Kirchenbänken vibrieren, beim Even Song war die Stimmung dagegen ganz leise, innerlich.
Traditionelle Werke, experimentelle Kollagen und neue musikalische Verbindungen mündeten abends in den „Sound of Messiah“, dem großen Abschlusskonzert in der Hildesheimer Sparkassen-Arena. Die Uraufführung des Werks von Lothar Krist führte die Hannover Bigband, Kirchenchöre und MusikerInnen aus Posaunenchören zueinander. New Orleans-Jazz verbündete sich mit orientalischen Skalen und modernem Mitsing-Gospel. Landessuperintendent Eckhard Gorka brachte es auf den Punkt: „Mein Gott, was für einen verschwenderischen Reichtum an Gaben hast Du über Deiner Kirche ausgeschüttet!“
Text: Ralf Neite
Fotos: Neite/Ostermeier