Von der Baracke zum Aushängeschild
Die Suchthilfe Hildesheim-Sarstedt feiert ihr 50-Jähriges Bestehen
Hildesheim. Vor 50 Jahren hat die Suchthilfe in Hildesheim mit ihrer Arbeit begonnen – eine innovative Einrichtung in einer kleinen Baracke am Bahnhof ohne Strom und Heizung. Schon damals war es eine ökumenische Beratungsstelle in gemeinsamer Trägerschaft von Caritas und Innerer Mission. Allerdings wechselten sich evangelische und katholische Berater und Klienten tageweise ab. Heute, zum Jubiläum, ist die Einrichtung wieder ökumenisch und an eine solche Trennung würde niemand mehr denken.
Andreas Iloff, Leiter der Suchthilfe, begrüßte die Gäste zur Feier des Jubiläums in der St.-Jakobi-Kirche. Er blickte zurück auf die Geschichte der Beratungsstelle seit den Anfängen 1962. Ab 1965 verlief diese Geschichte für Caritas und Diakonie räumlich getrennt, manches aber entwickelte sich parallel. So arbeitete die katholische Einrichtung ab 1966 mit dem Kreuzbund als Selbsthilfegruppe zusammen, beim Diakonischen Werk wurde 1967 ebenfalls eine Selbsthilfegruppe gegründet. Mehrere Umzüge der Beratungsstellen folgten, es gab vorübergehend Außenstellen im Landkreis. Auf Seiten der Caritas wurde die Spielsucht als weiterer Arbeitsschwerpunkt mit aufgenommen.
2009 stand dann die Suchtberatungsstelle der Diakonie wegen der Kürzung kommunaler Leistungen vor großen finanziellen Problemen. Um das Angebot für die Klientinnen und Klienten aufrecht erhalten zu können, beschlossen beide Träger, sich zusammenzutun. Dadurch konnte mit den beiden Fachstellen in Hildesheim und Sarstedt sowie die Außenstellen in Bockenem und Elze die Versorgung für Stadt und Landkreis gesichert werden, zugleich wurden Gelder eingespart. So gratulierten Oberbürgermeister Kurt Machens für die Stadt und die stellvertretende Landrätin Margret Köster für den Landkreis gleichermaßen zum Jubiläum und hoben die Zusammenarbeit über konfessionelle und regionale Grenzen hinweg hervor.
Diakonie und Caritas seien die Aushängeschilder der Kirchen, sagte Superintendent Helmut Aßmann. Er wünsche sich, dass die Bürger auch mehr Zugang zum gemeindlichen, spirituellen Hintergrund dieser christlichen Hinwendung zum Menschen gewinnen könnten. Die Sorge der Kirche habe immer den schwachen, an den Rand gedrängten Menschen gegolten, betonte Dechant Wolfgang Voges. Es sei erfreulich, dass bei grundlegenden Fragen die konfessionelle Debatte zurücktrete, erklärte Dr. Hans-Jürgen Marcus, Direktor des Caritasverbandes für die Diözese Hildesheim.
In Niedersachsen gibt es 75 Haupt- und 40 Nebenstellen für die ambulante Betreuung von Suchtkranken, berichtete Dr. Manfred Rabes, Geschäftsführer der Niedersächsischen Landesstelle für Suchtfragen. 60 000 Menschen wurden dort im Jahr 2010 ambulant betreut. In Niedersachsen seien 165 000 Menschen therapiebedürftig aufgrund ihrer Alkoholsucht, 136 000 Menschen seien von Medikamenten abhängig, mindestens 20.000 spielsüchtig, Tendenz stark steigend. Die Abhängigkeit von so genannten harten Drogen betreffe 13000 bis 26000 Männer und Frauen. Jedes Jahr, so Dr. Rabes, sterben in Niedersachsen 20000 Menschen an den Folgen ihrer Sucht.
Wie man mit Abhängigkeiten umgehen, wie man sie bekämpfen sollte, darüber haben sich die Ansichten in den letzten hundert Jahren sehr gewandelt. Dr. Jörg Petry gab einen Abriss der Suchtbehandlung von der Trinkerheilanstalt zur modernen Prävention. Er unterstrich, dass 80 Prozent derjenigen, die irgendwann an einer Abhängigkeit leiden, selbst den Weg aus der Sucht finden. Es müsse mehr Prävention statt Heilung geben, sagte Dr. Petry. Auch sollte das soziale System mehr ins Blickfeld genommen, die Abhängigkeit von legalen und illegalen Drogen gleichermaßen behandelt werden.
Andreas Iloff bedankte sich bei allen Mitarbeitern, die jetzt oder früher in der Suchthilfe tätig waren. Der Zusammenschluss und die damit verbundenen Synergieeffekte bedeuteten für eine höhere Belastung, sagte er, auch wenn die Zusammenarbeit „einfach toll“ sei.
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Text und Foto: Kultur & Kommunikation