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Nicht Paten, sondern Partner

Nachricht Hildesheim, 14. Mai 2013
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Susanne Brigsne und Siegfried Markert vom Tanzania-Arbeitskreis. Foto: Neite  

Der Austausch des Kirchenkreises Hildesheim-Sarstedt und der Diözese Singida lebt von persönlichen Begegnungen

„Was mache ich hier bloß? Ich gehöre hier nicht her.“ So beginnt Susanne Brigsnes Tagebuch ihrer ersten Reise nach Tanzania. Zwei Wochen später, beim Heimflug, hatte sie Tränen in den Augen und wäre am liebsten da geblieben. „Ich weiß bis heute nicht, was da eigentlich mit mir passiert ist“, erzählt sie fünf Jahre später. Die Verbindung zu dem ostafrikanischen Land ist jedenfalls nicht mehr abgerissen, inzwischen ist Susanne Brigsne die Vorsitzende der Arbeitsgruppe Tanzania des Kirchenkreises Hildesheim-Sarstedt.

Einfach dableiben, nicht mehr zurückgehen: Das wäre auch für Siegfried Markert die Wunschlösung gewesen. Doch nach sieben Jahren als Religionslehrer in Tanzania, von 1971 bis 1978 im Auftrag der Leipziger Mission, legten ihm äußere Umstände die Rückkehr nahe. In Deutschland war er zunächst vier Jahre im Bildungsreferat des Missionswerks in Niedersachsen tätig, danach Gemeindepastor in Hildesheim. In der Tanzania-Arbeitsgruppe aktiv zu sein, ist für ihn selbstverständlich, auch wenn er schon lange im Ruhestand ist.

Schon seit Anfang der 80er Jahre unterhält der Kirchenkreis eine Partnerschaft mit der Evangelischen-lutherischen Zentraldiözese Singida. Gemeinden, Kindergärten und Schulen aus der Region Hildesheim unterstützen Partnereinrichtungen in Tanzania. Die Arbeitsgruppe des Kirchenkreises koordiniert die Aktivitäten und setzt Schwerpunkte: Sie finanziert die Ausbildung von Erzieherinnen in Tanzania, zum Teil trägt sie auch das Gehalt von Erzieherinnen mit. Singida ist – auch für tanzanische Verhältnisse – ein armer Distrikt.

„Wir als Deutsche tragen weiterhin eine gewisse Verantwortung für diese Kirche“, stellt Siegfried Markert fest, „nicht als Paten, sondern als Partner.“ Immerhin verdanke die Evangelisch-lutherische Kirche in Tanzania ihren Ursprung der Arbeit deutscher Missionare in den 30 Jahren, als das Land eine deutsche Kolonie war. Finanzielle Hilfen seien wichtig, findet Markert. Doch eine Partnerschaft lebe nicht von Geld, sondern von persönlichen Beziehungen.

Die sind über die große Entfernung hinweg kostspielig, besonders, wenn Flugtickets der TanzanierInnen nach Deutschland gesponsert werden müssen. Das gelingt nur alle fünf, sechs Jahre – in die Gegenrichtung geht es doppelt so oft. Meist handelt es sich einfach um Besuche zum gegenseitigen Kennenlernen. Im vorigen Jahr hatte jedoch ein neues Modell Premiere. Sieben Frauen aus Hildesheim flogen nach Ihanja, um dort mit ihren Gastgeberinnen zu arbeiten: Gemeinsam bauten sie unter anderem einen Backofen, erstellten Seifen und Cremes, sprachen über Gesundheitserziehung und Kleinhandel.

Ohne die Begegnungen ist es nicht leicht, den Kontakt aufrecht zu erhalten. „Tanzania hat keine Kultur des Briefeschreibens“, sagt Susanne Brigsne, die sich an vielen Stellen ehrenamtlich in der Kirche engagiert. Gerade jetzt ist das spürbar: Die Diözese hat einen neuen Bischof, zugleich wurden viele Pastoren ausgetauscht. „Die neuen Pastoren kennen diese Partnerschaft gar nicht“, berichtet Susanne Brigsne. Der Kontakt zu den Gemeinden sei momentan abgerissen, weil sie nicht an die neuen Maildressen herankomme.

Die Mentalität der Menschen in Tanzania seien grundlegend anders als die der Europäer, sagen Susanne Brigsne und Siegfried Markert übereinstimmend. Deshalb sei es kaum möglich, technisches oder unternehmerisches Knowhow eins zu eins nach Afrika zu bringen. Umgekehrt steht für Markert fest, „dass sie uns im Geistlichen, im Glauben, deutlich überlegen sind“. Leider funktioniere auch dieser Transfer nicht besonders gut: Afrika-Reisende seien zwar inspiriert von ihren Erfahrungen, täten sich aber schwer damit, sie in den Alltag ihrer deutschen Gemeinden zu übertragen.

Die Probleme ändern aber nichts an der dauerhaften Liebe zu Tanzania. “Was da bloß passiert ist?“, sinniert Susanne Brigsne noch einmal. Die Schönheit des Landes könne nicht der Grund sein, so die erfahrene Weltbummlerin, denn schön seien viele Orte. Eigentlich gebe es bloß eine Erklärung, sagt sie schließlich: „Es können nur die Menschen gewesen sein.“