Ökumenisch quer gedacht

Nachricht Hildesheim, 27. April 2014
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Auch der Hildesheimer Schüler Edwin Huns, hier mit Andreaspastor Leif Mennrich, hat eine Station gestaltet und reflektiert die Situation christlicher Verwandter im Iran. Foto: Luke Neite 

In St. Andreas zeigt eine Ausstellung vielfältige "Gesichter des Christentums"

Hildesheim. "Der Glaube verändert sich durch Flucht und Migration", sinniert Superintendent Helmut Aßmann auf der Kanzel. "Vielleicht wird er tiefer und gefestigter, vielleicht das Gegenteil. In jedem Fall bringen flüchtende Christen aus Syrien viele Anstöße für die niedersächsichen Gemeinden und erweitern unseren Glauben." Der Eröffnungsgottesdienst der Wanderausstellung "Gesichter des Christentums" steht ganz im Zeichen der Ökumene. Vertreter verschiedenster Konfessionen stellen sich hier die Frage, wie diese Einheit der Christen aussehen soll und welche Aufgaben sie hat.

Bis zum 22. Mai stellen in der Andreaskirche Menschen mit unterschiedlichsten konfessionellen und ethnischen Wurzeln ihren Glauben in Bild, Schrift und persönlichen Gegenständen aus. Man findet hier unter anderem eine Trendausgabe der Bibel, einen Kulturbeutel mit eingenähtem Kreuz und alte, ausgeblichene Familienfotos. Was die Menschen hier verbindet, ist der Glaube an Christus. Über das Wie und Warum berichten sie an rund 20 Stationen.

Eine davon wurde im Dialog mit dem Hildesheimer Edwin Huns gestaltet, der in mehreren Gemeinden aktiv ist. Auf die Frage hin, was ihn zur Mitgestaltung dieser Austellung inspiriert hat, sagt der Schüler des Andreanums: "Ich finde es krass, dass Menschen ihr Heimatland verlassen müssen, um ihre Religion ausleben zu können." Seine Verwandten im Iran, erzählt er, feiern ihre christlichen Gottesdienste im Geheimen und werden von der Regierung abgehört, weil sein Vater als Pastor in der Iranischen Freien Evangelischen Gemeinde (FEG) in Hannover tätig ist. Auf einem der Fotos sieht man ihn über eine dünne Planke balancieren – ein Sinnbild für den schwankenden Untergrund, auf dem sich die Verwandten im Iran bewegen. 

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Dr. Hanna Aydin, Erzbischof der syrisch-orthodoxen Gemeinde in Deutschland, hielt die Gastpredigt. Foto: Huns 

Eben diese Unfreiheit der Religionsausübung ist der Aufhänger der Gastpredigt, die Dr. Hanna Aydin, Erzbischof der syrisch-orthodoxen Gemeinde in Deutschland, hält. "Wo ist die Einheit der Christen", fragt er eindringlich, "wenn wir hier in Deutschland Videos von Christen sehen, die in Syrien ermordet werden? Wo ist die Einheit der Christen, wenn die Menschen dort hungern und wir im Überfluss schwelgen? Wo, wenn irtschaftliche Werte über den moralischen stehen?" Diese Fragen sind eine Mahnung an die Christengemeinde, nicht nur die theoretische Einheit zu feiern, sich nicht nur sonntags als Christ zu erweisen. Stattdessen fordert Erzbischof Aydin, Glauben und Horizont zu erweitern und sich als Teil der Weltgemeinde zu bekennen.

Denn es stehen Veränderungen an, dessen ist sich auch Andreaspastor Leif Mennrich sicher. “Wir sehen in dieser Austellung Bilder von Menschen aus Kirgisien, dem Iran, Indien oder Serbien. Bilder von Menschen, die sich in Niedersachsen befinden und die sowohl unsere Kirche, als auch uns als Christen verändern." Selbst innerhalb der Konfessionen nehme die kulturelle Glaubensvielfalt zu. So stelle sich die Frage, was es tatsächlich noch bedeute, zu einer bestimmten Konfession zu gehören. Der ökumenische Austausch bringe frischen Wind in die Gotteshäuser hierzulande. "Es wird sehr viel quergedacht im Moment", so Mennrich.

Diese Gedanken werden auch im Rahmenprogramm der Austellung, die bis zum 22. Mai in der Andreaskirche zu Gast ist, weitergedacht. In den nächsten Wochen gibt es z.B. einen "Brennpunkt verfolgte Christen" (4. Mai, 18 Uhr, Andreaskirche) und eine Gemeindebegegnung zum Thema ""Iranische Christen in Deutschland" bei Kaffee und persischem Kuchen im Andreashaus (10. Mai, 15 Uhr, Andreasplatz 6).