Ein Sonntag mit dem Gustav-Adof-Werk in der Matthäus-Gemeinde
„Die güldne Sonne“ war nicht nur das Eingangslied des Gottesdienstes, sondern sie schien auch von einem blauen Himmel auf die Matthäuskirche in Hildesheim, die am 30. März zu einem ganz besonderen Sonntag eingeladen hatte. Vor dem Eingang wies das gelbe Werbesegel des Gustav-Adolf-Werks (GAW) darauf hin, dass der Blick der Gemeinde und ihrer Gäste heute weit über das Stadtviertel im Südosten der Stadt hinaus bis nach Polen gerichtet werden würde. Denn Pastor Werner Hinz und Pastorin Magdalena Tiebel-Gerdes als Vorsitzende der GAW-Hauptgruppe Hannover konnten zu Beginn des Gottesdienstes Wanda Falk begrüßen, Generaldirektorin der Diakonie der Evangelischen Kirche A.B. (Augsburgischen Bekenntnisses) in Polen, die über die Arbeit ihrer Kirche für die Schwachen, Kranken, Alten und Hilfsbedürftigen berichtete.
Konfirmanden und Konfirmandinnen zeigten in einer kurzen Spielszene ein Problem an, dem wir in Deutschland begegnen, das aber besonders in Osteuropa für die „Europawaisen“ zu einer großen Gefahr wird. „Abhängende“ Jugendliche ohne ausreichende elterliche Zuwendung und Aufsicht. Sie brauchen, wie es die jungen Leute zeigten, unsere Unterstützung und Liebe. In ihrer Predigt über die Worte im Hebräerbrief 12, 12-14 („darum stärkt die müden Hände …) griff Wanda Falk diesen Gedanken auf und berichtete, wie die Diakonie Kindern, deren Eltern im Ausland arbeiten und die gar nicht oder nur mangelhaft betreut aufwachsen, im oberschlesischen Katowice mit einer Anlaufstelle helfen. Im Wissen von Gott gehalten zu sein, können wir Strauchelnden wieder Halt geben. Diese Aufforderung richte sich an alle ob in Familie, Gemeinde oder Gesellschaft. Die gegenwärtige Krise im Nachbarland Ukraine, dessen Grenze von Warschau nur 250 km entfernt ist, spüre man ganz unmittelbar. Angesichts wankender Sicherheit sei die Aufforderung des Hebräerbriefs „Jagt dem Frieden nach mit jedermann“ für uns Christen ebenso wichtig wie die Stärkung der gewachsenen Verbindungen zu den Christen in der Ukraine. Frau Tiebel-Gerdes dankte Frau Falk für diese Worte und stellte dann das Gustav-Adolf-Werk vor, das als Diasporawerk weltweit evangelischen Minderheitsgemeinden hilft. In der evangelischen Diaspora, ob in Südamerika oder in Ost- und Südeuropa erlebe man eine andere Gemeindewirklichkeit, in der der Glaube einladend und öffentlich gelebt werde. Sie stellte auch das diesjährige Jahresprojekt der GAW-Frauenarbeit „Du bist nicht verlassen“ zugunsten der Hilfe für „Eurowaisen“ vor.
Der anschließende Vortrag von Frau Falk im Gemeindesaal veranschaulichte, welche große Diakoniearbeit auch eine kleine Kirche zu leisten imstande ist. Denn die Evangelische Kirche A.B. in Polen zählt nur etwa 70.000 Mitglieder, von denen 58 % allein im traditionell evangelisch geprägten Teschener Gebiet an der Grenze zu Tschechien leben. Es gibt 137 Gemeinden mit zusätzlich 130 „Filialen“, d.h. Predigtstellen ohne eigene Geistliche. Die knapp 600 Angestellten und 1000 ehrenamtlichen Tätigen der „Polnischen Diakonie“ leisten landesweit mit ihren verschiedenen Angeboten für alle Altersgruppen sowie mit ihren Einrichtungen (Diakoniestationen, Pflegeheime etc.) eine große anerkennenswerte Arbeit.
Zum Abschluss hatte die Gemeinde für ein schmackhaftes Mittagsbüfett gesorgt, bei dem es an nichts fehlte und wofür wir allen daran Beteiligten unseren herzlichen Dank sagen. Diese inhaltsreichen und bereichernden Stunden in Hildesheim klangen mit angeregten Gesprächen und dem Austausch von Geschenken aus und werden sicher in guter Erinnerung bleiben und haben uns wieder gezeigt, wie sinnvoll und segensreich Diasporaarbeit wirkt.
Heiner Koch