Bibelgeschichte als Fußball-Musical

Nachricht Hildesheim, 13. Juli 2014

„Bartimäus – Ein wunderbarer Augenblick“ verzaubert die Katharina-von-Bora-Gemeinde in Itzum

Hildesheim. Der Termin passte wie Mario Götzes Schuss ins argentinische Toreck. Am Tag des WM-Finales sangen und spielten 90 Kinder und Jugendliche in der Itzumer Katharina-von-Bora-Gemeinde ein Musical über einen blinden fußballbegeisterten Jungen. Eine biblische Geschichte wurde im übervollen Gemeindehaus musikalisch ins Heute übertragen: „Bartimäus – Ein wunderbarer Augenblick“.

Bartimäus lebt in Jericho, einer Stadt, die heute in den Palästinensischen Autonomiegebieten liegt und übervoll ist mit Farben. Sein Leben ist bunt. Er spielt gerne mit Freunden Fußball, tobt in Hinterhöfen herum. Aber Bartimäus hat ein Problem mit den Augen. Er verliert seine Sehkraft. Schließlich hilft auch seine „Brille der Marke Glasbausteine“ nichts mehr, er trifft das Tor nicht mehr, erblindet und – was viel schlimmer ist – wird von seinen Freunden ausgegrenzt und als „Blindschleiche“ beschimpft.

„Das ist eine der aufregendsten Veranstaltungen“, sagt Pastorin Doris Escobar, die im Musical als Erzählerin auftritt. „Wenn man so viele Kinder und Jugendliche koordinieren muss, das ist eine Herausforderung.“ Dass die drei Gruppen des Kinder- und Jugendchores für Fünf- bis 18-Jährige derart gut nachgefragt werden, liege zwar auch am Stadtteil Itzum, in dem viele Familien mit Kindern leben, sagt Escobar, sie sehe das Verdienst aber eher bei Swantje Krischke, der Leiterin der Gruppen. Krischke koordiniert Band und Chor gleichzeitig und man sieht: Das ist ihr eine Herzensangelegenheit – seit mittlerweile 21 Jahren. „Ich glaube aber nicht“, sagt sie selbstlos, „dass das alleine an mir liegt.“

Das Musical holt eine Geschichte aus dem Neuen Testament ins Heute. Und handelt von einem Thema, das alle betrifft: Blindheit und wie man damit umgeht. Dabei schaffen es Svantje Krischke und ihr Chor eine vermeintlich trockene Bibelgeschichte neu zu interpretieren. Die Kinder und Jugendlichen singen nicht nur, sondern stellen die Geschichte auch szenisch dar. Die Sprache ist modern. Mal bekommt jemand „nichts auf die Kette“ oder eine Geschichte ist „voll krass“. Manchmal wird sogar beleidigt. Doch das passt. Denn als Blinder ausgegrenzt zu werden, ist kein Spaziergang, obwohl der Chor betont, Bartimäus habe eben „in ganz anderen Dingen den Durchblick“.

Das Musical spielt mit Vorurteilen. Die werden aber nicht überstrapaziert, sondern lehrreich ad absurdum geführt. Denn manchmal sind wir doch alle blind, obwohl wir eigentlich sehen können. Eine vierköpfige Band unterstützt mit angejazzten Uptempo-Nummern die Atmosphäre: Zwar ist das Thema ernst. Aber warum soll die Ernsthaftigkeit überhand nehmen? „Bartimäus – Ein wunderbarer Augenblick“ ist auch ein Stück über Freundschaft. Ohne seine auf Krücken gehende Freundin Ava wäre Bartimäus ganz allein und verloren. Doch es gibt – im wahrsten Sinne des Wortes – Licht am Ende des Tunnels. Jesus kommt in die Stadt und heilt Bartimäus. Am Ende kann er wieder sehen.

Es passt ziemlich viel an diesem Nachmittag. Nicht zuletzt, dass die Katharina-von-Bora-Gemeinde kurz vor der Planung des Musicals – zufällig oder nicht – bei der Hildesheimer Blindenmission die Patenschaft für vier blinde Kinder in Indonesien und den Philippinen übernommen hat und ein Teil der eingesammelten Spendengelder in diese Richtung fließen werden. Christoph Möller

Bilder:

Swantje Krischke koordiniert den Kinder- und Jugendchor im prallgefüllten Gemeindehaus der Katharina-von-Bora-Gemeinde.

Pfarrerin Doris Escobar begrüßt die Gäste und führt in die Geschichte ein.

Am Ende dankt Swantje Krischke allen am Projekt Beteiligten, vor allen Dingen den Kindern und Jugendlichen. Fotos: Möller