Christen sind engagiertere Menschen

Nachricht Hildesheim, 13. November 2014
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Prof. Dr. Gerhard Wegner, Leiter des Sozialwissenschaftlichen Instituts der EKD, stellte die Ergebnisse der Mitgliederbefragung vor. Foto: Neite 

Kirchenkreistag bespricht Ergebnisse einer Studie der evangelischen Kirche / Klare Standpunkte zur Flüchtlingsthematik und zu Neonazis

Hildesheim. „Es gibt keinen Anlass zur Sorge, dass das Reich Gottes untergeht“, befand Helmut Aßmann. Aber, so fügte Hildesheims Superintendent gleich hinzu, die Gestalt der Kirche verändere sich. Spürbar. Das belegen Ergebnisse, die eine Mitgliederbefragung der Evangelischen Kirche Deutschlands (EKD) zu Tage gefördert haben, aber auch aktuelle Zahlen aus dem Kirchenkreis: Pro Jahr geht die Schar der evangelischen Christen in der Region um etwa ein Prozent zurück.

Mit diesen Erkenntnissen hat sich der Kirchenkreistag Hildesheim-Sarstedt bei seiner Sitzung am Donnerstagabend im Hildesheimer Kirchenamt auseinandergesetzt. Zu Besuch war Prof. Dr. Gerhard Wegner, Leiter des Sozialwissenschaftlichen Instituts der EKD, das die Mitgliederbefragung durchgeführt hat.

Es ist die fünfte Studie dieser Art, die erste fand im Jahr 1972 statt. Im Vergleich wird sichtbar, wo sich Trends zu langfristigen Entwicklungen verdichten. Dazu gehört das hohe Durchschnittsalter der Kirchenmitglieder. Während es bei der gesamten Bevölkerung bei 42,1 Jahren liegt, sind die evangelischen Christen im Schnitt 46,6 Jahre alt. Und die Gruppe der Menschen, die sich mit der Kirche sehr verbunden fühlt, ist noch deutlich älter. Bei den Jugendlichen sagen sogar nur zwölf Prozent: „Ich bin religiös.“

Zu den positiven Ergebnissen der Befragung gehören die Aussagen zum ehrenamtlichen Engagement, sagte Wegner. Die Zahl der Menschen, die sich in der Kirche ehrenamtlich einsetzen, steige deutlich. Und das Besondere dabei, so Wegner: „Diese Gruppe ist überall in der Gesellschaft außerordentlich engagiert.“ Das heißt: Kirchenmitglieder setzen sich deutlich mehr für das Gemeinwohl ein als Konfessionslose. Man könnte, zumindest in dieser Hinsicht, auch sagen: Christen sind die engagierteren Menschen. 

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Der neue Kirchenamtsleiter Jens Stöber stellte sich den Delegierten des Kirchenkreistags vor. Foto: Neite

Die Studie zeigt weiter, wo die evangelische Kirche auch heute ein hohes Renommée hat: bei ihren sozialen Diensten, der Diakonie, sowie in der Bildung – in Kitas und Schulen gleichermaßen. Wegners Fazit: „Die Volkskirche funktioniert nach wie vor. Aber das Interesse an der Weitergabe des Glaubens wird weniger.“

Von Studien und Statistiken wechselte Helmut Aßmann in seinem Überblicksbericht aus dem Kirchenkreis zu aktuellen Herausforderungen. Als erstes nannte er die Flüchtlingssituation und stellte fest: „Bisher läuft die Aufnahme der Kriegsflüchtlinge ausgesprochen gut“, wobei die anhaltend großen Zahlen Probleme bereiteten, weil es an Wohnungen fehle. In den vergangenen Monaten hätten zwei Gemeinden in Hildesheim Flüchtlingen ein Kirchenasyl gewährt, um sie vor einer Ausweisung zu bewahren. Beide Fälle endeten glücklich mit einer Aufenthaltsgenehmigung. Der Superintendent bat die Kirchenvorstände der Gemeinden, auch in Zukunft AsylbewerberInnen zur Seite zu stehen: „Halten Sie Herzen und Räume, so weit es geht, offen!“

Ein aktiver Einsatz sei auch am 31. Januar nötig, kündigte Aßmann an. Für diesen Termin sei in Hildesheim eine Nazi-Demo beantragt. Der Superintendent bezog einen klaren Standpunkt: „Ich wünsche mir, dass wir als Kirche so massiv und kreativ wie möglich unser Zeichen dagegen setzen.“ Ralf Neite