Die Ausstellung von HAWK-Studierenden fragt in der St. Andreaskirche nach der Relevanz für die Gegenwart
Hildesheim. Es gibt Momente beim Eintritt in eine Kirche, die einen schweben lassen. Da ist die monumentale Architektur, das lange Kirchenschiff. Die hohen verzierten Kirchenfenster. Manchmal ist da aber auch etwas Unerwartetes, Neues. Am Sonntag war die Luft in St. Andreas erfüllt von exotischen Klängen, ein Akkordeon, weiter hinten Perkussionen, dazu eine sanft gespielte Klarinette. Das Trio Makatumbe eröffnet eine ungewöhnliche Ausstellung. „ReFORMation“ heißt sie und zeigt bis zum 20. Juli Werke von zwölf Masterstudierenden der Fakultät Gestaltung der HAWK Hochschule für angewandte Wissenschaft und Kunst.
Gemeinsam mit der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannover haben die Studierenden verschiedener Fachrichtungen eine Wanderausstellung konzipiert, um das EKD-weite Themenjahr innerhalb der Lutherdekade vorzubereiten, das im Jahr 2015 unter dem Motto „Reformation und Bild“ steht. Die Lutherdekade zielt auf das 500. Jubiläum von Luthers Thesenschlag hin, das am 31. Oktober 2017 gefeiert wird.
Mit Bildern lässt sich arbeiten. Sie sind flüchtig, gleichermaßen authentisch, aber auch nur im Moment festgehalten. Sie bieten Spielraum für Innovation. „Wir wollten mit den Designobjekten eine zeitgenössische Position abbilden“, sagt Diakon Hartmut Reimers, der das Projekt gemeinsam mit Dr. Simone Liedke vom Haus kirchlicher Dienste der Landeskirche Hannover von Anfang an begleitet hat. „Wir suchten ein Format jenseits von rechteckigen weißen Tischen. Etwas, bei dem Reformation erfahrbar wird.“ Bei der HAWK habe man schnell Professorin Barbara Kotte und Professor Timo Rieke sowie zwölf Studierende für das Projekt begeistern können. Erste gemeinsame Ideen zwischen Kirche und Hochschule entstanden dazu schon im Dezember 2012; Die praktische Arbeit mit den Studierenden begann im April dieses Jahres. Das Ergebnis kann sich jetzt sehen lassen. Insgesamt 18 Design- und ReFORMationsobjekte werden gezeigt.
„Die Kugel“ von Robert Pollner, eine vorsichtig lasierte Holzkugel, symbolisiert den ins Rollen gekommenen Umbruch und – durch einen tiefen Riss dargestellt – die Spaltung der Kirche. Marcel Kreipes „Bildersturm“ zählt zu den interessantesten Exponaten der Ausstellung. Seine großformatigen Bilder sind als solche gar nicht zu bezeichnen, sondern durchbrechen die gewohnte Flächigkeit des Mediums durch ungewohnte Schichtungen, die aus der Bildebene heraustreten. Er fragt im „Bildersturm“ weiter, ob sich ein Bild im kollektiven Gedächtnis behauptet, auch wenn seine wesentlichen Teile entfremdet und reduziert werden. Chantal Diaz „Innere Handabrücke“ sind Gips-Formen, die Räume verkörpern, die bei verschiedenen Gebets-Formen zwischen den Händen entstehen.
Die Masterstudierenden lassen das historische Thema Reformation in einem differenzierten Kontext neu aufleuchten und beweisen: Reformation, das ist heute wie gestern ein wichtiger, in die Zukunft gerichteter Prozess. Einer, der sowohl kirchliche wie gesellschaftliche Relevanz hat. Das betont auch Oberlandeskirchenrat Dr. Klaus Grünwaldt. Die Reformation wurzele in den Nöten der Menschen. „die existenziellen Fragen teilt die Kirche mit den Künstlern“, so Grünwaldt. Auch Leif Mennrich, Pastor der St.-Andreas-Gemeinde, lobt die „innovative Ausstellung“ in der Versöhnungshalle der St. Andreaskirche. „ReFORMation“ ist nicht nur ein intelligent geformtes Wort, sondern beweist: Kirche und Kunst gehören zusammen – auch wenn das eine das andere oftmals hinterfragt. Christoph Möller
Info-Abspann:
Weitere Ausstellungsorte sind die Kulturkirche Martin-Luther in Emden, der Stammelbachspeicher in Hildesheim und das Museum August Kestner in Hannover. Zu der Ausstellung ist ein Katalog erhältlich.