Jugendliche auf dem Weg zum Ehrenamt in der evangelischen Kirche
Hildesheim. Gerade waren sie selbst noch KonfirmandInnen, schon sind sie auf dem Weg, Jüngere auf Freizeiten und bei Projekten zu begleiten: Als so genannte Trainees durchlaufen die 14- bis 15-Jährigen im evangelisch-lutherischen Kirchenkreis Hildesheim-Sarstedt ein einjähriges Programm, das sie selbst festigt, zu Jugend-Betreuern ausbildet – und das gleichzeitig Spaß macht. Denn die Trainee-Kurse sind Schulung und Jugendgruppe zugleich.
Nach und nach tröpfeln die Jugendlichen in den Jugendraum der Katharina-von-Bora-Gemeinde. Erst mal werden die Sofas hin und her geschoben, damit die elf Teilnehmerinnen und Teilnehmer sich so einigermaßen im Kreis platzieren können. Arne Johannes und Joschua Rückert krökeln noch eine Runde, bis alle da sind. Diakonin Swantje-Maria Heise, Koordinatorin und Kursleiterin, hat schon Kekse und Getränke bereitgestellt: „Damit sich alle gleich willkommen fühlen.“
18 Mal im Jahr findet so ein vierstündiges Treffen am Abend statt. Es gibt einen festen Ablauf: Zuerst ein Spiel, dann wird ein Thema abgehandelt, nach der Pause wird zusammen ein Abendessen vorbereitet – heute gibt es Pizza – und den Abschluss bildet eine Andacht. Das heutige Thema „Kommunikation“ löst Gemurmel in der Sofaecke aus, da sprudelt schon das Schulwissen. Swantje-Maria Heise bremst, schließlich sollen alle gemeinsam auf den gleichen Stand gebracht werden.
Die Jugendlichen kennen sich zum Teil aus ihren Heimatgemeinden, Mädchen und Jungen aus den Gemeinden Katharina von Bora, Paul Gerhardt und Paulus machen hier mit. „Die Gruppen müssen immer erst zusammenwachsen“, weiß die Diakonin aus Erfahrung. Seit 2009 haben schon 13 Trainee-Kurse stattgefunden, 170 Jugendliche waren dabei. In dieser Zeit ist kaum jemand während des Jahres abgesprungen.
Beim Trainee-Programm wirken jeweils die Gemeinden einer Region und der Kirchenkreisjugenddienst zusammen, so dass die Teilnehmerinnen und Teilnehmer auch die Kirchen und Gemeindehäuser in der Nachbarschaft kennen lernen. Auch ein Wochenende verbringt die Gruppe zusammen. Allmählich werden den Jugendlichen im Laufe des Jahres immer mehr Aufgaben in eigene Verantwortung übergeben. Schließlich suchen sie selbst das Spiel aus, bereiten die Themen vor, gestalten die Andacht. „Anfangs moderiere ich alles, am Ende gar nichts mehr“, erklärt Swantje-Maria Heise.
Dann haben die Jugendlichen die Kompetenzen erworben, in ihren Gemeinden bei Jugendprojekten mitzuwirken. Sie haben das schon in praktischen Übungen erprobt und sogar ein Projekt selbst ausgedacht und organisiert: Einen Ausflug für die Gruppe oder ein Übernachtungswochenende für die KonfirmandInnen, einen Jugendgottesdienst vielleicht oder ein Kirchenkaffee. Pia Sander freut sich schon darauf: „Sowas selbst organisieren, das ist doch spannend.“ „Aber auch schwieriger, als es von außen aussieht“, meint Tristan Welz, der in seiner Gemeinde schon bei Jugendprojekten geholfen hat.
Nele Oelker will auf jeden Fall mit 16 Jahren noch den Aufbaukurs für die „Juleica“, die JugendleiterInnencard, mitmachen. Denn wie schon ihr Bruder möchte sie auch Jüngere auf Freizeiten oder beim Mitmach-Zirkus begleiten: „Ich mag Kinder“, sagt sie schlicht. Und ihre Freundin Alicia Schlüter hat sie ebenfalls überzeugt. Die sieht auch Vorteile für die eigene Persönlichkeitsentwicklung in der Trainee-Ausbildung: „Man lernt, in Gruppen selbstsicherer aufzutreten.“
Das hat Costa Scheps auch festgestellt. Der 18-Jährige hat die Ausbildung längst beendet und ist schon mehrmals auf Konfirmanden-Freizeiten als Betreuer mitgefahren: „Es ist erstaunlich, dass die Gruppen immer wieder anders sind.“ Als Jugendlicher muss er dabei die Balance halten zwischen den Konfis einerseits und den PastorInnen oder DiakonInnen andererseits: „Man muss nah an der Gruppe dran sein, aber trotzdem ein bisschen Distanz wahren. Das ist gar nicht so leicht, vor allem, wenn der Altersunterschied gering ist. Aber das habe ich während des Trainee-Programms gelernt.“
Eine Erhebung darüber, wie viele der Trainees der Kirche als Ehrenamtliche erhalten bleiben, ist noch in Planung. Swantje-Maria Heise schätzt, dass etwa ein Drittel sich nach dem Kurs erst einmal anderen Dingen zuwendet, sich auf Schule und Ausbildung konzentriert. Ein weiteres Drittel arbeite in der eigenen Kirchengemeinde mit, ein Drittel übergemeindlich im Kirchenkreisjugenddienst. Costa Scheps will auf jeden Fall weiter ehrenamtlich tätig sein: „Das macht Spaß und ist sehr erfüllend.“