Das Literaturhaus St. Jakobi spielt neue Trilogie Stadt, Land, Fluss

Nachricht Hildesheim, 27. Juli 2017
Peisert, Patzak, Brall
Mirko Peisert, Sarah Patzak und Dirk Brall freuen sich auf das Programm der kommenden Spielzeit. Foto: Barth 

Feridun Zaimoglus „Evangelio“ eröffnet die Spielzeit 2017/18

Hildesheim. Der Beginn der neuen Spielzeit im Literaturhaus St. Jakobi ist gleichzeitig Beginn einer neuen Trilogie. Nachdem sich das Literaturhaus in den vergangenen drei Jahren mit Meer, Berg und Wald die großen Landschaftsthemen vorgenommen hatte, zieht die neue Trilogie „Stadt, Land, Fluss“ den Kreis wieder enger. Der Titel sei zwar inspiriert von dem beliebten Spiel mit Wörtern, passe aber auch ganz besonders gut für die Kulturstadt Hildesheim, meint Intendant Dirk Brall. Den Anfang macht die „Stadt“, um die sich in der Spielzeit 2017/18 das Programm drehen wird.
Die Stadt als Ort des Austauschs von Ideen und Gedanken, das ist Wittenberg in Feridun Zaimoglus Luther-Roman „Evangelio“, der gleichzeitig einen Bezug zum Reformationsjubiläum herstellt. Zaimoglu, türkischstämmiger Deutscher, hat eine besondere Zuneigung zu Klang und Melodie der deutschen Sprache und beschäftigte sich bereits seit langem mit Martin Luther.  

Sein Roman beobachtet den Reformator während der Zeit der Bibelübersetzung auf der Wartburg, beschreibt seine inneren Kämpfe in einer Zeit des Umbruchs. Die Lesung am Freitag, 8. September, wird moderiert von Joachim Dicks von NDR Kultur. Eine Ausstellung, kuratiert vom Kunstraum 53, mit Video- und Sound-Installationen, Fotografien und Malerei zum Thema Stadt eröffnet um 19.30 Uhr, die Lesung beginnt um 20 Uhr. Karten für einen Euro gibt es ab dem 1. August bei Ameis Buchecke.

„Es gibt immer einen Link zum kirchlichen Leben“, sagt Mirko Peisert, Superintendent des Kirchenkreises Hildesheim-Sarstedt, über das Programm im Literaturhaus St. Jakobi. Das ist zwar nicht immer so augenfällig wie bei der Lesung des Luther-Romans, aber: „Es geht uns um die Verschränkung von Kirche und Literatur“, ergänzt Intendant Brall.

Mit dem Autor, der am Donnerstag, 9. November, in der Jakobikirche lesen wird, erfüllt das Programm einen Wunsch des Publikums: Clemens Meyer bringt „Die stillen Trabanten“ mit, Erzählungen von Menschen in der Nacht, ihren Schlachten, Sehnsüchten und Wünschen. Im Gespräch mit Thomas Klupp, Schriftsteller und Dozent am Literaturinstitut der Universität Hildesheim, stellt er das Buch vor. Der Abend ist gleichzeitig Teil des Festprogramms zum 35-jährigen Bestehen des Stadtmagazins „Public“.

Die Universität Hildesheim bringt Autorinnen und Autoren hervor, deren Weg und Werk weiter zu verfolgen ebenfalls zu den Zielen des Literaturhauses gehört. Die Lesung am Donnerstag, 7. Dezember, ist zweien dieser erfolgreichen ehemaligen Hildesheimer Studierenden gewidmet: Mariana Leky und Kevin Kuhn sprechen mit Alexander Solloch von NDR Kultur unter anderem über den Einfluss der Stadt auf das Schreiben.

Ermutigung zum Schreiben fängt allerdings nicht erst im Studium an. Mit dem Redewettbewerb „Sprich Worte“ wendet sich das Literaturhaus St. Jakobi zusammen mit dem Schulbeauftragten des Kirchenkreises, Peter Noß-Kolbe, an Schülerinnen und Schüler ab der 9. Klasse. „Die ersten Beiträge sind schon eingegangen“, sagt Intendant Dirk Brall. „In welcher Stadt wollen wir leben?“ soll Thema der Reden sein. Eine hochkarätige Fachjury wird aus allen Einsendungen sechs auswählen, die am Freitag, 20. Oktober, beim Finale vorgetragen werden. Preisgelder von insgesamt 3000 Euro werden die Klassenkassen der Redner füllen.

Darüber hinaus, so Dirk Brall, wolle das Literaturhaus St. Jakobi seine seriellen Angebote ausweiten. Weiter geht es einmal im Monat mit dem kreativen „wortlabor“, hinzu kommt nun das „stimmlabor“: ein offenes Singen, bei dem sich ab dem 15. Dezember jeweils am 3. Freitag im Monat mit Kulturwissenschaftlerin Dagmar Wortmann und Stimmlehrerin Anne Klocke die eigene Stimme erproben lässt. Außerdem ist das Literaturhaus St. Jakobi bei städtischen Veranstaltungen wie der Light Night oder den Lichtungen dabei und feiert mit der Literaturzeitschrift „Bella triste“ die neue Ausgabe. Und auch das Friedensgebet „Pax et Bonum“, jeweils mittwochs um 18 Uhr, bleibt fester Termin in St. Jakobi.

Das Literaturhaus versteht sich als Teil der Kulturstadt Hildesheim und widmet sich daher unter dem Titel „stadtgeschichten“ auch anderen Institutionen der Stadt. Am 22. September geht in der Jakobikirche die interdisziplinäre Film-Summerschool der Universität zu Ende, am 28. September feiert die Evangelische Ehe-, Familien- und Lebensberatung im Literaturhaus ihr 50-jähriges Bestehen.

Im Rückblick auf die vergangene Spielzeit zeigt sich Intendant Dirk Brall zufrieden: Eine durchschnittliche Besucherzahl von 80 bis 100, sowie mehrere ausverkaufte Veranstaltungen seien für das Literaturprogramm ein schöner Erfolg. Da sich das Literaturhaus St. Jakobi vor allem an junge Erwachsene wende, hätte er allerdings den Wunsch, dass mehr Hildesheimer studentische Veranstaltungen besuchten, und mehr Studierende die nichtstudentischen Angebote nutzten.

Der Kirchenkreis Hildesheim-Sarstedt und die Fördergelder durch die Hanns-Lilje-Stiftung ermöglichen die Arbeit im Literaturhaus St. Jakobi. Für Superintendent Mirko Peisert hat sich schon ein Wunsch erfüllt; die Intendantenstelle konnte für weitere vier Jahre gesichert werden. Nun kommt die nächste Herausforderung: Für weitere vier Jahre vergibt die Landeskirche durch die Hanns-Lilje-Stiftung an vier ausgewählte Kulturkirchen eine jährliche Förderung von 50.000 Euro. „Wir arbeiten intensiv an der Bewerbung und sind uns natürlich einig, dass wir dazugehören sollten, weil hier ausgezeichnete Arbeit geleistet wird“, sagen Superintendent Peisert, Intendant Brall und Projektmanagerin Sarah Patzak.  Wiebke Barth