Begegnungen statt Lektionen

Nachricht Hildesheim, 14. April 2015
andreas_deutschkurs_fuer_fluechtlinge_14-4-15
Zweimal pro Woche bietet Katharina Oppermann im Andreashaus einen kostenlosen Deutschkurs für Flüchtlinge an. Foto: Neite

Beim Deutschkurs für Flüchtlinge im Andreashaus steht die Sprache an zweiter Stelle

Hildesheim. „Immer, wenn jemand stört, ist es gut“, lautet Katharina Oppermanns Devise. Ihr Konzept sieht ohnehin keinen klassischen Deutschunterricht vor. Statt um Lektionen geht es um Begegnung, normale Gespräche, alltägliche Situationen. Und Kinder sind sowieso immer willkommen – so wie Pastor Leif Mennrichs kleine Tochter, die heute mal für ein Stündchen zu Gast ist.

Zweimal in der Woche gibt es diesen Sprachkurs der etwas anderen Art im Andreashaus h. Die gelernte Deutschlehrerin Katharina Oppermann hilft AsylbewerberInnen, sich in der ungewohnten Sprache und im neuen Land zurechtzufinden. Es ist ein offenes Angebot, kostenlos und unverbindlich. Manchmal kommen zehn Leute, an diesem Morgen sind es nur vier. Für Katharina Oppermann kein Problem: „Wer nicht kommt, hat seine Gründe.“

Sie selbst hatte im Herbst vorigen Jahres die Initiative ergriffen und dem Asyl e.V. angeboten, auf ehrenamtlicher Basis einen Sprachkurs für Flüchtlinge einzurichten. „Ich hatte Zeit und es gab auch Interesse, aber wir hatten keinen Raum“, erzählt sie. Also traf sich die Gruppe zunächst an unterschiedlichen Orten in Hildesheim – im Rathaus, in der Kulturfabrik, in der Kreuzbar oder Bibliothek. Dann meldete sich die Andreasgemeinde beim Asyl e.V. und fragte an, wie sie Flüchtlingen helfen könne – so fand der Wanderkurs eine feste Bleibe.

Montags und mittwochs von 10 bis 12 Uhr stellt die Gemeinde ein großes Besprechungszimmer zur Verfügung. Der Raum müsse natürlich freigehalten, geheizt und gereinigt werden, doch die Gemeinde habe sich bewusst dafür entschieden, auf Miete zur verzichten. „Ja, es kostet uns etwas, aber es ist auch eine Bereicherung“, sagt Pastor Leif Mennrich. BesucherInnen, die ins Andreashaus kommen, haben nun die Chance, Menschen aus unterschiedlichsten Kulturen zu begegnen. Auch die Tatsache, dass die meisten KursteilnehmerInnen muslimischen Glaubens seien, störe kein bisschen, so Mennrich: „Herzlich willkommen!“

Da es an diesem Vormittag nur eine kleine Gruppe ist, entscheidet sich Katharina Oppermann für eine Runde Quartett. Auf diese Weise lernen Sayed Hossein Hosseini aus Afghanistan sowie Yusuf Ammean, Jacoub Ibrahim und Ahmed Mohammed Idris aus dem Sudan neue Wörter, Feinheiten und Floskeln kennen: „Haben Sie den Hann?“ „Den was?“ „Den Hann.“ „Ah, den Hahn! Nein, tut mir leid, den habe ich nicht.“

Die vier Männer nehmen auch an anderen Deutschkursen teil, sie wollen so schnell wie möglich viel lernen. „Wenn ich in Deutschland leben will, muss ich die Sprache können“, sagt Ahmed Mohammed Idris entschieden. Außerdem seien die Kurse eine Chance, Informationen über Deutschland und Hildesheim zu bekommen. Yusuf Ammean findet generell: „Sprechen lernen ist interessant.“ Er lässt sich keines der Treffen entgehen und macht sich ständig Notizen, auch während des Kartenspiels.

Doch die Sprache sei nicht das Wichtigste, betont Katharina Oppermann: „Was fehlt, sind die ganz ehrlichen, echten menschlichen Kontakte.“ Deshalb ist sie mit der Gruppe viel unterwegs, zusätzlich zu den festen Terminen. Für das nächste Heimspiel der Eintracht-Handballer gibt es Freikarten, die die Kulturloge vermittelt hat, und in der nächsten Woche geht es in den Magdalenengarten. „Wir können gucken, ob wir da arbeiten wollen“, kündigt die Lehrerin an. Und dann lockt schon das nächste Großereignis, der Wedekindlauf. Die vier sind dabei. Ralf Neite