Seelsorgerin mit Bodenhaftung

Nachricht Barnten & Rössing, 20. Mai 2015
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35 Jahre im Pfarramt in gedruckter Form: Griet Stallmann-Molkewehrum hat alle Gemeindebriefe ihrer Zeit in Giften, Barnten und Rössing zu vier dicken Bänden binden lassen. Foto: Neite  

Nach 35 Jahren wird Pastorin Griet Stallmann-Molkewehrum von den Gemeinden in Barnten und Rössing in den Ruhestand verabschiedet


Barnten/Rössing. „Ich bin keine Freundin von langen Reden“, verrät Griet Stallmann-Molkewehrum. Aber anderen zuhören, das war Teil ihres Dienstes. Ihre Arbeit empfand sie als „Geschenk“, weil sie von Berufs wegen Zeit für Menschen hatte. Im Grunde sei sie „eine professionelle Nachbarin“ gewesen, sagt die Pastorin nachdenklich. Als solche wird sie in Barnten und Rössing fehlen: Nach 35 Jahren wird Griet Stallmann-Molkewehrum bald ein letztes Mal die Tür des Pfarrhauses Barnten hinter sich abschließen. Mit einem Gottesdienst am Sonntag 31. Mai um 16 Uhr in der St. Peter- und Paul-Kirche Rössing wird sie in den Ruhestand verabschiedet.

19 Jahre war sie seit 1980 in der damaligen Kirchengemeinde Barnten-Giften tätig und die letzten 16 Jahre, nachdem Giften der St. Paulus Kirchengemeinde in Sarstedt zugeordnet war, in einer neuen pfarramtlichen Verbindung: Katharinen Barnten und St. Peter und Paul Rössing. 35 Jahre an einem Ort: Barnten. Das ist für eine Pastorin heute eine außergewöhnlich lange Zeit. Viele ihrer Kolleginnen und Kollegen wechseln die Pfarrstelle ein- oder mehrmals in ihrer Laufbahn. Nicht so Griet Stallmann-Molkewehrum: Ein paar Jahre hat es gedauert, bis sie sich in Barnten eingelebt hatte, aber dann wollte sie nicht mehr weg. Bis heute. Den Ruhestand wird sie allerdings mit ihrem Mann in Hildesheim verbringen – und sie freut sich schon darauf, mehr Zeit für ihre drei Kinder und zwei Enkel zu haben.

„Eigentlich komme ich aus der Stadt“, erzählt die 63-Jährige. In Emden geboren, in Bremen aufs Gymnasium gegangen, in Göttingen und Toulouse studiert. Toulouse? In der Tat. Griet Stallmann-Molkewehrum ist nicht nur gelernte Theologin, sondern hat auch das Staatsexamen im Fach Französisch abgelegt. Nach dem Studium stand sie vor der Wahl: Referendariat oder Vikariat? Sie entschied sich für letzteres. Der Pfarrberuf ermögliche es, „Menschen verschiedener Generationen zu begegnen und sie zu begleiten.“ Im Mittelpunkt habe für sie die Seelsorge gestanden. Durch eine Zusatzausbildung zur Pastoralpsychologin und Supervisorin hat sie sich noch mehr in diesen Bereich vertieft.

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Alle Koffer sind gepackt: Griet Stallmann-Molkewehrum verlässt Barnten in Richtung Hildesheim. Foto: Christian Stallmann

Doch auch die anderen Aufgaben des Pfarramts haben ihr Freude gemacht, gerade durch die Vielseitigkeit. Wobei die Doppelstrukturen der beiden Gemeinden in Rössing und Barnten nicht immer leicht zu bewältigen waren: Zwei Kirchen, zwei Gemeindehäuser, zwei Friedhöfe, zwei Kindertagesstätten, zwei Kirchenvorstände, (zunächst) zwei Gemeindebriefe, zwei Stiftungen. Das alles habe überhaupt nur funktionieren können, weil sie sich während all der Jahre auf die Unterstützung der beruflich und ehrenamtlich Mitarbeitenden verlassen durfte, so Griet Stallmann-Molkewehrum.

Besondere Freude haben ihr die beiden hellen alten Kirchen sowie die Musik in den Gottesdiensten bereitet; auch an ihre Zeit als Vikariatsleiterin denkt sie gern zurück. Bürgerschaftliches Engagement war für sie ein Teil ihres Dienstes. Etwa – schon in den 90er Jahren – der Einsatz für Flüchtlinge. Oder der Protest gegen die Kieslaster, „die damals unser Dorf kaputt fuhren“.

„In all den Jahren fand ich meine Arbeit immer wieder spannend“, sagt Griet Stallmann-Molkewehrum. „Meistens habe ich ein Stand- und ein Spielbein gehabt.“ Das bedeutete ihr so viel, dass sie Anfragen, ob sie in Leitungsfunktionen der Kirche wechseln wolle, stets abgelehnt hat. Zwar war sie zehn Jahre lang auf Kirchenkreisebene aktiv, nicht zuletzt ein Jahr lang als kommissarische Superintendentin des früheren Kirchenkreises Sarstedt, doch als Dauerlösung behagte ihr das nicht: „Ich konnte mich immer am ehesten als Gemeindepastorin verstehen, ich brauchte diese Bodenhaftung.“ Ralf Neite