„Ausländerfeindlichkeit gibt es bei uns nicht“

Nachricht Hildesheim, 15. April 2015
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Wie ergeht es Flüchtlingskindern in den Kitas und Schulen der Nordstadt, wie kann man helfen? Diese Fragen beschäftigten die BesucherInnen beim „zeitreich“-Abend. Foto: Neite

Informationsabend zur Situation der Flüchtlingskinder in der Nordstadt bei „zeitreich“

Hildesheim. Im Nachbarschaftsladen am Sachsenring waren alle Stühle besetzt. „Flüchtlingskinder im Norden Hildesheim“ – dieses Thema hatte viele Interessierte angelockt. Wie ergeht es den Kindern in Kitas und Schulen, wie kann man helfen? Das waren die zentralen Fragen des Info- und Gesprächsabends, zu dem die ökumenische Nachbarschaftshilfe „zeitreich“ eingeladen hatte.

Die guten Nachrichten überwogen. Rund 270 Schülerinnen und Schüler habe die Ganztagsgrundschule Nord zur Zeit, berichtete Schulleiter Bernd Wittenberg. Sie stammten aus 25 Nationen, aber das sei überhaupt kein Problem. „Ausländerfeindlichkeit gibt es bei uns nicht“, so Wittenberg.

Das selbstverständliche Miteinander im Schulalltag sei der beste und natürlichste Weg, Kinder aus anderen Ländern und Kulturen zu integrieren. Dagegen sei der Versuch von gesonderten Sprachklassen für Flüchtlings- und Einwandererkinder gescheitert; in gemischten Klassen gebe es viel weniger Konflikte. Allerdings biete die Schule vier bis sechs Stunden in der Woche eine zusätzlich Sprachförderung in Kleingruppen. Wichtig sei zudem, dass die Kinder in ihrer Heimatsprache fit blieben, sagte Bernd Wittenberg: „Je besser die Herkunftssprache gesprochen wird, desto leichter lernen sie eine neue Sprache.“

Bei allen positiven Erfahrungen – „Ich würde an keiner anderen Schule arbeiten wollen“ – wünscht sich der Schulleiter aber doch kleinere Klassen. Die Schule müsse vier- statt dreizügig sein, um den besonderen Herausforderungen in der Nordstadt besser gerecht zu werden. Stattdessen gelten für sie die gleich Rahmenbedingungen wie für eine kleine Dorfschule mit völlig homogenen Klassen. Dies monierte Wittenberg als „ungerecht“, fügte aber hinzu: „Die Unterstützung der Landesschulbehörde ist da.“

Viele der Flüchtlingskinder, die zur Ganztagsgrundschule gehen, wohnen im Flüchtlingsheim in der Nordstadt. Dort ist Claudia Kaune Sozialpädagogin, sie leitet den Kindertreff. 160 Menschen leben derzeit im Heim. „Das ist natürlich ein bisschen beengt. Aber die Kinder fühlen sich Ganzen doch sehr wohl, weil es eine Gemeinschaft gibt“, sagte Claudia Kaune. Meist sei es so, dass die Kinder kaum Deutsch sprechen, wenn sie in Hildesheim ankämen. Doch wenn die Integration im Kindergarten oder in der Schule gut funktioniere, könnten sie sich in der Regel nach einem Vierteljahr schon gut verständigen – und würden dann zu DolmetscherInnen für ihre Eltern.

„Woran mangelt es Ihnen denn direkt?“, wollte eine Besucherin im Nachbarschaftsladen wissen. Mit Spielzeug sei der Kindertreff recht gut ausgestattet, sagte Claudia Kaune –Bilderbücher und Fahrrädern ausgenommen. Doch menschliche Unterstützung sei willkommen. Sie denke dabei besonders an drei Kinder, die ohne ihre Mutter im Flüchtlingsheim leben. Für sie wäre Paten-Großmütter, die regelmäßig Zeit mit ihnen verbringen, eine große Unterstützung, so die Sozialpädagogin.

Ähnliches gelte für Schulen und Kitas, ergänzten Bernd Wittenberg und andere Teilnehmerinnen der Runde. Sie wünschten sich Leih-Großeltern, Lese-Eltern, Menschen, die bei den Hausaufgaben helfen, jeweils als PatInnen für ein Kind. Bernd Wittenberg machte aber klar: „Wichtig ist eine verlässliche Patenschaft.“ Pastor Hans-Christoph Hermes von der evangelische Martin-Luther-Gemeinde sagte der Schule eine intensive Unterstützung zu. Die Gemeinde sei gerade dabei, ihre Arbeit neu zu definieren und zu strukturieren. Hermes: „Wir wollen gucken: Was wird gebraucht? Und wir wollen nichts überstülpen.“ Ralf Neite