20 Jahre Andreas-Aufstieg: 250.000 Menschen erklommen die 364 Stufen
Hildesheim. Was Du selber kannst besorgen, das verschiebe nicht auf morgen – dachten sich Mitte der 90er eine Handvoll HildesheimerInnen, als die Stadt Hildesheim nicht in die Gänge kam. Seit Jahren schon gab es Bestrebungen, den St.-Andreas-Turm wieder als Aussichtsturm zu nutzen. Doch das nötige Kleingeld fehlte. Aus der Initiative einiger Weniger wurde schnell ein großer Verein, die Spenden flossen reichlich. Am 22. März 1995, genau 50 Jahre nach der Zerstörung, war der Aufstieg wieder möglich. Der 20. Geburtstag dieses Ereignisses wurde nun – mit ein paar Tagen Vorlauf – gefeiert. Der Einsatz von damals hat sich gelohnt: 250.000 Menschen haben in diesen 20 Jahren die 364 Stufen erklommen.
Mit 114,5 Metern besitzt St. Andreas den höchsten Kirchturm Niedersachsens. Bis zum Krieg gab es eine Aussichtsplatzform auf 56 Metern Höhe. Beim Wiederaufbau fehlte das Geld für solche Extras. Als sich 1993 der Verein „Aufstieg Kirchturm St. Andreas e.V.“ gründete, war die Unterstützung jedoch enorm. Binnen kürzester Zeit wuchs der Verein auf 110 Mitglieder an, 512 Einzelpersonen, Unternehmen und Verbände trugen Spenden bei. Zahlreiche Aktionen unter dem Motto „Hinauf zum Himmel“ erhöhten das Budget noch. Jede Stufe fand für 500 Mark einen Paten, Andreaskantor Bernhard Römer spielte eine Benefiz-CD ein, die einen Erlös von 12.000 Mark brachte, genauso viel kam bei einem Harfenkonzert zusammen. Fast eine Millionen Mark landeten schließlich auf dem Vereinskonto.
Seit 20 Jahren nun geht es über eine gemauerte Wendeltreppe zum Turmraum auf 28 Metern Höhe, der bereits einen herrlichen Ausblick ermöglicht. Hierhin hatte Andreaspastor Detlef Albrecht am heutigen Freitag Mitglieder des früheren Turmvereins, VertreterInnen der Hildesheim Marketing GmbH, die den Turmaufstieg organisiert und betreibt, sowie ehemalige und heutige Küster eingeladen. Die eigentliche Aussichtplattform – die so genannte „Laterne“ – in 75 Metern Höhe ist über eine große Stahlkonstruktion zu erreichen. In einer Ecke des Turmraums sieht man noch die rostigen Reste der Leiter, die ursprünglich in die Höhe führte.
„In sechseinhalb Monaten war es fertig“, erinnerte sich Jürgen Götz, der damalige Vereinsvorsitzende und Architekt. Am Tag der Eröffnung sei der Andrang enorm gewesen, und es wurde die Zeit für den schnellsten Aufstieg gestoppt. Zwei Minuten und 58 Sekunden seien der Rekord gewesen, aufgestellt von einem Praktikanten seines Büros.
Hildesheims Marketingchef Lothar Meyer-Mertel lobte den Einsatz des Vereins und stellte fest: „Das ist ein wunderbares Beispiel für das bürgerschaftliche Engagement in dieser Stadt.“ Trotz der vielen BesucherInnen habe der Turmaufstieg wegen der Personalkosten allerdings jahrelang rote Zahlen versucht. Inzwischen sei man zum Glück knapp im schwarzen Bereich.
Zwei Hochzeiten hat es bereits im Turm gegeben – und den Versuch des HAZ-Fotografen Andreas Hartmann, von dort oben das Silvesterfeuerwerk zu fotografieren. „Das ging aber nicht“, erzählte Jürgen Götz, „weil der Turm durch die Glocken zu stark geschwungen hat.“ Derzeit ist der Turmaufstieg wegen des kalten Wetters nicht möglich – außer am Sonntag, 22. März. Da wird der Turm wegen des Jubiläums von 12 bis 16 Uhr ausnahmsweise geöffnet.
Bilder:
Zur Feier des 20-jährigen Turmaufstiegs hatte Andreaspastor Detlef Albrecht in den Turmraum auf 28 Metern Höhe eingeladen. Fotos: Neite
In einer Ecke des Turmraums sieht man noch die rostigen Reste der Leiter, die ursprünglich in die Höhe führte.
114,5 Meter: St. Andreas in Hildesheim besitzt den höchsten Kirchturm Norddeutschlands.