Gefühle und Gebäude

Nachricht Hildesheim, 24. März 2015
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Matthias Jung und Helmut Aßmann moderieren das Podiumsgespräch. Foto: Neite

Ehemalige Bauräte und WissenschaftlerInnen reden über Zerstörung und Neubeginn in Hildesheim

Hildesheim. Vor 70 Jahren wurde Hildesheims Innenstadt kurz vor dem Ende des Krieges bei einem Bombenangriff vollständig zerstört. Danach wurde die Stadt zwar wieder aufgebaut. Doch die Folgen der Katastrophe wirken bis heute nach. Mit einem hochkarätig besetzten Vortrags- und Podiumsabend begaben sich der Verein „Hildesheim blüht auf – Verein für Stadtgefühl e.V.“ und das Büro 1200 im Literaturhaus St. Jakobi Hildesheim auf Spurensuche: Was macht das Lebensgefühl in der Stadt heute aus, was prägt ihre Identität? „Zerstörung und Neubeginn“ war Titel und Programm der Veranstaltung.

Zunächst ordneten drei ausgewiesene ExpertInnen für Stadtidentität und Stadtentwicklung diese besondere Hildesheimer Geschichte in einen größeren Kontext ein. Prof. Dr. Gerhard Vinken von der Universität Bamberg referierte über „Wiederaufbau. Identitäten einer zerstörten Stadt“, während Prof. Dr. Brigitte Schmidt-Lauber aus Wien kam, um das „Lebensgefühl in einer Mittelstadt“ zu beschreiben. Dritter im Bunde der Wissenschaftlerinnen war Stadtbaurat Prof. Christian Baumgart aus Würzburg. Er schilderte, wie eine Stadt mit einem ganz ähnlichen Schicksal den Neubeginn gestaltet und dabei stark auf Bürgerbeteiligung gesetzt hat.

Im zweiten Teil des Abends berichtet Hildesheims Baudezernent Dr. Kay Brummer sowie die früheren Bauräte Prof. Thomas Kulenkampff und Wolfgang Riemann darüber berichten, welches Stadtgefühl ihre Antriebsfeder war. Wie macht man das: eine Stadt gestalten? Nach dem Krieg ging es 1945 erst einmal um lebenswichtige Grundlagen wie Wohnraum, Schulen, Infrastruktur. Seit den 80er Jahre kamen dann Bestrebungen hinzu, markante Gebäude der Vergangenheit zu rekonstruieren. Die Moderation des Podiumsgesprächs hatten Matthias Jung und Helmut Aßmann vom Verein „Hildesheim blüht auf“.

„Wir wollen uns nicht ausschließlich mit Gebäuden beschäftigen“, erklärt Matthias Jung den Ansatz des Vereins. Im Vordergrund stünden vielmehr Menschen und Inhalte: „Was für Gefühle haben die Hildesheimer für ihre Stadt?“ „Und was bewirken oder verhindern sie“, ergänzt Helmut Aßmann. Es gehe nicht um Geschichtsunterricht, sondern um die Frage, aus welchen Quellen und Kräften sich das Lebensgefühl und die Identität einer städtischen Gesellschaft mit solch traumatischen Erfahrungen speisen. Ralf Neite