Sich und die Welt anders sehen

Nachricht Hildesheim, 21. Februar 2015

Pastorin Nora Steen lädt zu einer schweigenden „Stadt-Expedition“ ein

Hildesheim. Das Handy und das Portemonnaie bleiben zu Hause. Das Reden auch. Dafür sollen sich die Sinne umso weiter öffnen bei der ersten Hildesheimer „Stadt-Expedition“. „Auf die Stille hören“ ist das Motto eines ungewöhnlichen Streifzugs durch die Stadt, zu dem Pastorin Nora Steen einlädt. Am 7. März bewegen sich die TeilnehmerInnen durch Hildesheim und sagen den ganzen Tag lang kein Wort.

Die Stille hat es der bekannten Schul- und Fernsehpastorin („Das Wort zum Sonntag“) angetan, seit sie im Kloster gearbeitet hat. Das Schweigen als Chance, auf neue Weise zu sich selbst und zu Gott zu finden, hat in den klösterlichen Exerzitien eine alte Tradition. Im mehr Menschen besuchen die Klöster – für einen Tag, ein Wochenende oder auch einen längeren Zeitraum – um dem Alltag hinter sich zu lassen.

Diese Zeiten haben einen großen Wert, weiß Nora Steen aus Erfahrung. Dem Schweigen und der Gottesnähe werde damit allerdings ein Extra-Ort zugewiesen, der im normalen Leben nicht zur Verfügung stehe. „Wo entdecke ich Gottes Gegenwart mitten in meinem Alltag?“, fragt sich die Pastorin. Die adventliche Andachtsreihe „Stille über der Stadt“im Andreasturm war ein erfolgreicher Versuch in diese Richtung. Die „Stadt-Expedition“ spinnt den Faden weiter und knüpft an die Idee der Straßen-Exerzitien an, die der Jesuit Christian Herwartz in Berlin entwickelt hat.

Das Konzept ist denkbar einfach: Morgens um 9 Uhr treffen sich die TeilnehmerInnen im Andreashaus, wo Nora Steen eine kurze Einführung gibt, was es mit dem Schweigen im öffentlichen Raum auf sich hat. „In die Stille gehen ist eine Form der Kontemplation“, sagt Nora Steen. Das stille Betrachten, das genaue Wahrnehmen öffne neue Türen: „Man sieht sich selber noch einmal anders, die Welt um einen herum, im besten Fall auch Gott.“

Nach der Einführung ziehen die TeilnehmerInnen los, jede und jeder für sich. Vielleicht führt der Weg in die Fußgängerzone, in die Arnekengalerei, auf den Bahnhof oder ins Klinikum. Im Grunde gehe es darum, offen zu sein für alles, was passiert. Und dabei zu verstehen: „Ich muss die Welt nicht ausblenden, um bei mir zu sein.“

Für den Fall, dass unterwegs Gedanken und Gefühle kommen, die den dringenden Bedarf nach einem Gespräch auslösen, stehen Nora Steen und die Theologie-Studentin Marie-Christin Strecker als Ansprechpartnerinnen im Andreashaus zur Verfügung. Dort gibt es mittags auch eine Suppe, die die Pastorin selbst kocht. Auch beim Essen wird allerdings geschwiegen.

Zum Abschluss, gegen 17 Uhr treffen sich alle wieder Andreashaus. Jetzt wird das Schweigen beendet, die TeilnehmerInnen haben Gelegenheit, sich über ihre Erlebnisse auszutauschen. Die einzige Teilnahmevoraussetzung ist die Bereitschaft, sich einen Tag lang auf die Stille und die Stadt einzulassen. Anmeldungen sind bis zum 5. März möglich per E-Mail an pastorin.steen@googlemail.com oder im St.-Andreas-Gemeindebüro. Ralf Neite