Kirchen sollen vorangehen

Nachricht Hildesheim, 26. Februar 2018

ReferentInnen fordern mehr Einsatz für eine gerechtere Welt

Hildesheim. Welche Verantwortung übernimmt jeder und jede Einzelne gegenüber zukünftigen Generationen? Was tun die Kirchen für die soziale und ökologische Balance auf der Erde? Um diese Fragen ging es unter dem Titel „Alles so gemütlich hier. Wir und die gerechte Welt“ im St.-Andreas-Gemeindehaus.

Nach Antworten suchten an diesem Abend die Moderatorin Sarah Vogel, Referentin bei der Evangelischen Jugend Niedersachsen, und ihre Gäste auf dem Podium.

Dr. Mirjam Laaser vom Ev.-luth. Missionswerk bietet als Leiterin der Abteilung Internationale kirchliche Zusammenarbeit mit ihren Teams Workshops für junge Leute in Schulen und Kirchengemeinden zu Ernährung und fairem Handel an. Wie ist zum Beispiel der klassische Weg einer Jeans und was macht eine Schokolade fair?

Auf die Frage der Moderatorin, was denn gerade Jugendliche für eine gerechtere Welt tun könnten, plädierte sie überraschend: „Hände weg von den Jugendlichen bei überzogenen Forderungen. Die können es nicht herausreißen!“ Eine ganz andere Marktmacht liege bei der evangelischen Kirche als drittgrößtem Arbeitgeber in Deutschland, direkt hinter der katholischen Kirche. Die könnten viel mehr schaffen.

Christoph Bals, Politischer Geschäftsführer der Entwicklungs- und Umweltorganisation Germanwatch, lässt sich bei seiner Arbeit von Papst Franziskus und dessen Enzyklika „Laudato si“ inspirieren: „Darin steckt eine Menge Spirit: sowohl eine messerscharfe Analyse der globalen Krisen als auch ein Weckruf für gemeinsames Handeln“, so Bals. Er beobachte, dass international auf dieser dialogischen Basis viel Dynamik entstehe und Gruppierungen aus Wissenschaft und verschiedenen Religionen zusammenarbeiteten und nach Lösungen suchten.

Der besondere Beitrag der Religionen liegt für Bals darin, dass hier die Verbundenheit der Welt, der Menschen und der Natur fest in Tradition und Spiritualität verankert seien. Diese Kraftquellen fehlten sonst in der rationalen Problemanalyse und Transformationsbewegung. Und Transformation zu einem nachhaltigen Lebensstil sei dringend nötig, insbesondere in den fünf Bereichen Mobilität, Strom, Heizung/Kühlung, Ernährung/Fleischkonsum sowie Geldanlage.

Mit Elisabeth Flämig als Saxophonistin kam nicht nur Musik in den Abend. Als Walkact Dr. Schizophrenia untersuchte sie schon beim Hereinkommen die Gäste auf den Nachhaltigkeitsvirus. Darauf bezog sich Dietmar Müßig, der Leiter der Diözesanstelle Weltkirche im Bistum Hildesheim: „Eine verbreitete Form von Schizophrenie muss schon vorliegen. Sonst könnten wir kaum den Zustand unseres Planeten, unseren Anteil am Klimawandel und an Umweltausbeutung so erfolgreich abspalten und ignorieren. Hier braucht es dringend Änderungen bei der Mobilität und im Konsum. Dabei müssen die Kirchen vorangehen und CO²-neutral werden.“ Mirjam Laaser stimmte ihm zu und ergänzte: „Es gibt keinen Grund, weshalb die Kirchen in Deutschland nicht alle öko-fair beschaffen.“

Die Veranstaltung war Teil der Reihe „Wo Gerechtigkeit strömt. Ideen für ein starkes Miteinander in Bildung, Wirtschaft und Gesellschaft“, organisiert von der Evangelischen Erwachsenenbildung (EEB) Region Hildesheim und der Evangelischen Bildung Hildesheim-Sarstedt. Die Reihe wird fortgesetzt am 9. März mit der Veranstaltung „Wie geht bunt im eigenen Haus? Bildung zwischen kreativer Diversität und Ausgrenzung“ um 17 Uhr in der Begegnungs- und Beratungsstätte „Treffer“ der Diakonie Himmelsthür, Peiner Straße 6, Hildesheim.

An diesem Abend spricht Erna Zonne-Gätjens von der Fachhochschule für interkulturelle Theologie in Hermannsburg über den Umgang mit kultureller und religiöser Verschiedenartigkeit in Kindergarten und Schule. Edgar Wendt wird praktische Beispiele interkultureller Musikpädagogik geben.

Wie Mitbürger zu Mutbürgern werden und wo sich DemokratieretterInnen finden lassen, darüber sprechen der Journalist und Philosoph Jürgen Wiebicke und die Direktorin der Landeszentrale für politische Bildung Niedersachsen, Ulrike Engler, am 10. April von 19.30 bis 22 Uhr im Literaturhaus St. Jakobi.  Michaela Grön

Mehr Informationen gibt es unter http://www.eeb-hildesheim.de/.