„Mein Ziel ist es, gut zu bleiben”

Nachricht Sarstedt, 18. Juni 2019

Pastor Matthias Fricke-Zieseniß feiert in Sarstedt sein 25. Ordinationsjubiläum

25 Jahre sind eine lange oder eine kurze Zeit. Sie können gleichförmig vorüberziehen oder angefüllt sein mit vielfältigen Erlebnissen. Pastor Matthias Fricke-Zieseniß hat sich für Letzteres entschieden. Am Sonntag, 9. Juni, feierte er in in der St. Nicolai-Kirchengemeinde in Sarstedt sein 25. Ordinationsjubiläum. Es war ein weiter Weg nach Sarstedt, der ihn zweimal über Rom führte.

Spricht man mit Fricke-Zieseniß über sein Leben, wird eines besonders deutlich: Langeweile darf es bei dem 56-Jährigen nicht geben. Er setzt sich Ziele und sucht die Herausforderung. Den Entschluss, Pastor zu werden, fasste er bereits mit 17 Jahren. „Ich bin damals in der Gemeinde Laatzen-Grasdorf in die Jugendarbeit hineingerutscht”, erinnert er sich. In ihm wuchs der Wunsch „etwas mit Menschen zu machen.” 

„Mich hat aber auch immer die Sinnfrage sehr beschäftigt. Wofür leben wir eigentlich?”, sagt der Theologe. Im Pfarramt fand er diese beiden Themen wieder. Nach seinem Studium ging es für ihn ins Vikariat in Empelde. Die Gemeinde in dem Stadtteil von Ronnenberg hielt für Fricke-Zieseniß genau die Herausforderungen bereit, die er sich gewünscht hatte. „Ich kam vom Dorf und hatte bereits in Großstädten gelebt. Darum hatte ich die Hoffnung, mein Vikariat in einer eher unstrukturierten Gegend zu machen.” 

Die Kirche in Empelde sei stark von schlesischen Flüchtlingen geprägt gewesen, die ihre Heimat verloren hatten. „Von ihnen habe ich viel gelernt. Zum Beispiel, dass man in einer Gemeinde nicht nur nehmen, sondern auch immer  geben muss”, erinnert er sich. Nach seinem Vikariat wurde Fricke-Zieseniß eine Pfarrstelle angeboten – in dieser Zeit keine Selbstverständlichkeit. Es gab zahlreiche junge TheologInnen und zu wenige Stellen. Viele von ihnen gingen leer aus. 

Doch Fricke-Zieseniß entschied sich erst einmal gegen seine Ordination und für das Abenteuer. „Ich wollte noch einmal etwas ganz anderes machen.” So ging er nach Rom, um dort ein Gaststudium aufzunehmen in der evangelischen Gemeinde mitzuarbeiten. Erst eineinhalb Jahre später, im Juni 1994, wurde er in Rodenberg am Deister ordiniert und blieb über acht Jahre in der kleinen Stadt in Schaumburg. „Ich bin für diese Zeit sehr dankbar”, sagt er heute. „Wir haben dort sehr gut zusammengearbeitet.” Das habe ihm die ersten Berufsjahre sehr erleichtert. 

Trotzdem nahm er auf Anfrage 2002 die Herausforderung an, sich auf die freie römische Pfarrstelle zu bewerben. 2003 kehrte er mit seiner damaligen Frau und seinen zwei inzwischen erwachsenen Kindern nach Rom zurück. Diesmal als Pfarrer der Gemeinde, in der er bereits nach seinem Examen arbeitete. „Meiner Meinung nach ist das eine der spannendsten, abwechslungsreichsten Pfarrstellen der Welt”, erzählt er noch heute mit Begeisterung. Er habe dort eine „irre Spannbreite an verschiedenen Menschen” kennengelernt. Bis heute prägen die Jahre in Italien sein Leben. 

Nach dieser intensiven Zeit kam eine Rückkehr in sein altes Leben als Gemeindepfarrer für ihn erst einmal nicht in Frage. „Nach zwei wunderschönen, anstrengenden Gemeinden war ich einfach abgefüllt”, blickt Fricke-Zieseniß zurück. Also suchte er sich eine vollkommen andere Aufgabe und wurde Schulpfarrer an einer Hamelner Berufsschule. „Das Besondere war, dass man dort mit einem Querschnitt der Gesellschaft zu tun hatte. Wo steht man sonst vor einer Klasse zum Beispiel aus Kellnern, Köchen und Konditoren?” Auch in dieser Arbeit fand er Erfüllung. „So eine Arbeit mit jungen Menschen aus allen Schichten und Religionen findet man sonst nicht. Das bleibt hängen”, sagt er. 

2014 wechselte Fricke-Zieseniß schließlich, gemeinsam mit seiner Frau Martina Frare und der gemeinsamen Tochter Emilia (7),  wieder in den Gemeindedienst und trat seine jetzige Stelle in Sarstedt an. Die Rückkehr sei ihm nicht schwer gefallen. „Sarstedt ist für mich Normalität, ohne dass es langweilig ist”, fasst er zusammen. Nach den vielfältigen Erfahrungen der letzten 25 Jahre hat  das Pfarramt für ihn den Reiz nicht verloren. „Kein Tag ist wie der andere. Und in keinem Beruf kommt man auf diese Weise in die Häuser und Leben der Menschen hinein. Das ist einfach mein Ding.” 

Und auch in Sarstedt sieht er noch genügend Herausforderungen für seine Zukunft. Er wolle vor allem die Kräfte der Gemeinden in der Region bündeln und das Ehrenamt für die Zukunft weiter stärken: „Mein Ziel ist es, gut zu bleiben, nicht nachzulassen oder faul zu werden.” Julia Dittrich