Franz Kafkas 100.Todestag in diesem Jahr ist der Anlass für eine Reihe mit sechs Veranstaltungen in der St.-Lamberti-Kirche in Hildesheim. Drei Lesungen und drei Gottesdienste mit und zu den Hauptwerken von Kafka werden von Pastor Peter Noß-Kolbe inszeniert und musikalisch an der Orgel von Kirchenkreiskantor Thilo Tüllmann interpretiert.
Die Textgrundlage für die drei Lesungen sind aus Kafkas „Brief an den Vater“, der berühmten Erzählung „Die Verwandlung“ und aus der späten Kurzprosa. Zu Lebzeiten hat Kafka nur wenige Schriften veröffentlicht und wollte sogar, dass alle seine Werke verbrannt werden. Die beiden Romane „Der Prozess“ und „Das Schloss“, die kurz nach Kafkas Tod von seinem Freund Max Brod veröffentlicht wurden, begründeten seinen Weltruhm als Schriftsteller. „Auch nach 100 Jahren sind die Schriften Kafkas aktuell“, sagt Pastor Noß-Kolbe, „sie wirken noch ebenso frisch und ebenso rätselhaft. Aufgrund ihrer Zeitlosigkeit sind sie absolut anschlussfähig an die Gegenwart.“
Die Reihe solle Kafka keinesfalls „religiös vereinnahmen“, betont der Pastor: „Ich möchte durch einen Autor, den ich sehr schätze, zeitgemäße Fragen in die Kirche bringen über die Ordnung der Welt und den Sinn hinter den Dingen.“ Zudem könnten die Texte im Kirchenraum noch einmal ganz anders wirken als in einer Bibliothek oder einem Theater.
Die Reihe beginnt mit der ersten Lesung an Kafkas Geburtstag am Mittwoch, den 3. Juli, um 12 Uhr in der Hildesheimer St.-Lamberti-Kirche. Neben einer biographischen Einführung zum Prager Autor steht der „Brief an den Vater“ im Mittelpunkt. Am 10. Juli um 12 Uhr werden Teile aus „Die Verwandlung“ gelesen. Die dritte Lesung am 17. Juli um 12 Uhr nimmt kurze Stücke, Gedanken und Aphorismen auf, die den Humor Kafkas zum Vorschein bringen. Die Lesungen sind als niedrigschwelliges, etwa halbstündiges Angebot gedacht. Da die Musik zur Marktzeit samstags immer gut ankommt, gibt es damit im Sommer auch Veranstaltungen zum Markttag am Mittwoch.
Die Gottesdienste finden sonntags, am 7., 14. und 21. Juli, jeweils um 18 Uhr in der St.-Lamberti-Kirche statt. Die drei Sonntagabende laden dazu ein, sich auf Textauszüge aus den Romanen „Der Prozess“ wie die berühmte Parabel „Vor dem Gesetz“ und aus „Das Schloss“ einzulassen und sich bei Musik und Kerzenschein auf die kafkaeske Doppelwelt einzustimmen.
Den Abschluss der Reihe am 21. Juli bildet ein Abendmahlsgottesdienst, der Motive aus dem Kafka-Roman „Die Herrlichkeit des Lebens“ von Michael Kumpfmüller aufnimmt. Die aktuelle Verfilmung des Romans läuft im HAZ-Filmfestival in der Thega am Mittwoch, 31. Juli. Das Buch und der Film beleuchten das letzte Lebensjahr und die große Liebe von Franz Kafka und Dora Diamant.