„Du bist geliebt, so wie du bist. Das ist Reformationstag. Das ist Luthers Botschaft“, sagte Cordula Trauner in ihrer ersten Predigt zum Reformationstag als Superintendentin des Kirchenkreises Hildesheim-Sarstedt. Trauner betonte Martin Luthers Idee von Gottes Gnade als Geschenk, das sich die Menschen nicht verdienen müssen. Im Mittelalter dagegen hätten die Christen und Christinnen in ständiger Angst vor der Verdammnis gelebt und in der Furcht, dass ihre Spenden und guten Taten am Ende nicht ausreichen würden, um sie zu retten. Doch niemand müsse perfekt sein und das perfekte Leben führen, niemand Leistung erbringen, um Gottes Liebe zu verdienen, sagte Trauner. Daher dürfe es auch nicht sein, dass Menschen verurteilt würden, weil sie angeblich der Gesellschaft nur zur Last fielen. Immer wieder sprach Trauner dabei die Zuhörenden direkt an: „Fühlen Sie das? Dass Gott Sie liebt, so wie Sie sind?“
Die Superintendentin rief dazu auf, eigene Schwächen einzugestehen im Vertrauen darauf, trotzdem angenommen zu werden. Sie bezog sich auf eine Figur in einem ihrer Lieblingsbücher: Selma Lagerlöfs „Die wunderbare Reise des kleinen Nils Holgersson mit den Wildgänsen“. Darin gesteht die Hausgans Martin offen ihre Schwächen und Unzulänglichkeiten ein – und wird gerade wegen dieses Mutes dennoch von den Wildgänsen als Weggefährte akzeptiert.
In einer Schar von Wildgänsen sei es üblich, dass die vorn fliegenden, starken Gänse mit ihrem Flügelschlag den Schwächeren weiter hinten Auftrieb geben, sagte die Superintendentin. So sollten es Christinnen und Christen auch halten.
Der Reformationstag bedeute einerseits den Blick zurück auf das, was nicht verloren gehen sollte, sagte Andreas-Pastor Janis Berzins zur Eröffnung des Gottesdienstes. Andererseits gehe es aber auch um den Blick nach vorn: „Auf das, was trägt, nicht nur heute, sondern auch noch morgen.“
Eingebunden in die Luturgie des Gottesdienstes war auch Stadtdechant Wolfgang Voges als Vertreter der katholischen Kirche. Den Reformationstag gemeinsam zu begehen sei gute Tradition in Hildesheim, die sie gern fortführe, sagte Superintendentin Cordula Trauner dazu. Es sei ein Zeichen dafür, dass die Konfessionen „in versöhnter Verschiedenheit“ miteinander Gottesdienst feiern könnten.
Mit Johann Pachelbels Psalmmotette „Gott ist unsre Zuversicht und Stärke“ für achtstimmigen Doppelchor schuf die Musik unter Leitung von Kantor Bernhard Römer schon zu Beginn des Gottesdienstes eine festliche, erhabene und dabei zuversichtliche Grundstimmung. Die miteinander verwobenen Stimmen der Sängerinnen und Sänger füllten scheinbar mühelos den Raum der gut besuchten St.-Andreas-Kirche. Wiebke Barth