Mit Visionen und Experimentierfreude für die Verknüpfung von Kirche, Kultur und Stadt

Nachricht Hildesheim, 31. Juli 2025

Intendantin Sarah Sophia Patzak verlässt das Literaturhaus St. Jakobi

Hildesheim. Einer ihrer Lieblingsmomente, das war nach der Übernachtungslesung im April, als sie im Literaturhaus St. Jakobi nachts in ihren Schlafsack krabbelte: Die Intendantin, die sich inmitten ihres Publikums vertrauensvoll und zufrieden schlafen legen kann. Es war einer von vielen berührenden Momenten in den vergangenen neun Jahren. Jetzt aber verlässt Sarah Sophia Patzak die Hildesheimer Literaturkirche und hält Ausschau nach Neuem. „Das Literaturhaus verliert mit Sarah Patzak eine außergewöhnlich profilierte, visionäre und engagierte Leitungspersönlichkeit“, sagt Superintendentin Cordula Trauner.

Sarah Sophia Patzak kam 2009 zum Studium der Kulturwissenschaften nach Hildesheim und sammelte nach dem Bachelor-Abschluss praktische Erfahrung in Berlin und Wuppertal. 2016 kehrte sie zurück, um die Stelle der Projektmanagerin im Literaturhaus St. Jakobi anzunehmen und parallel ihren Masterabschluss zu machen. Als Dirk Brall 2021 während der Corona-Pandemie das Haus verließ, wurde sie seine Nachfolgerin als Intendantin. Sie entwickelte fort, was Brall seit der Gründung des Literaturhauses 2014 begonnen hatte: Kirche und Kultur an einem Ort zu verbinden und daraus etwas Neues zu schaffen. Zugleich setzte sie ihre eigenen Akzente: Mehr Vielstimmigkeit, mehr Lokalkolorit, mehr Experimentierfreude. Die selbst gesetzten Ziele als Intendantin, so Patzak, habe sie erreicht.

Sarah Sophia Patzak bekommt leuchtende Augen, wenn sie an das Leseclubfestival 2023 denkt, bei dem Caroline Wahls Debütroman „22 Bahnen“ noch vor Erscheinen besprochen wurde – lange bevor das Buch auf den Bestsellerlisten stand. Oder an die vielen queeren Autoren und Autorinnen, die sich im Kirchraum des Literaturhauses ganz selbstverständlich wohl gefühlt haben. Oder an die Zusammenarbeit mit dem Festival transeuropa, mit denen das viertägige Kulturfrühstück zur Spielzeiteröffnung „Schlafen“ ausgerichtet wurde.

„Sarah Patzak hat mit klarem Kompass, organisatorischem Geschick und kultureller Tiefe einen Ort geschaffen, der Literatur und Kirche auf eindrückliche Weise verbindet“, sagt Superintendentin Trauner. Die Hildesheimer Kulturkirche werde entsprechend auch überregional wahrgenommen. Als Kulturwissenschaftlerin eine alte Pilgerkirche mit neuen Leben zu füllen, sei „eine Ehre und ein Zeichen von großem Vertrauen“ gewesen, sagt Patzak. Und das an einem Ort „in der Mitte der Wahrnehmung, den in Hildesheim jeder kennt“, betont Kirchenamtsleiter Jens Stöber.

Während ihrer Intendanz knüpfte Patzak neue, nachhaltige Kooperationen, verankerte das Literaturhaus St. Jakobi dadurch immer mehr in der Stadtgesellschaft und vertiefte die Zusammenarbeit mit der Universität Hildesheim. „In Hildesheim wird die literarische Zukunft ausgebildet. Das ist ein besonderer Schatz, den wir hier haben“, schwärmt Patzak.

So wertvoll prominente Namen wie Katja Riemann, Helga Schubert, Daniel Schreiber oder Harald Welzer für die Zugkraft des Hauses sind - den jungen Autoren und Autorinnen eine erste Bühne zu geben und ihren Weg bis zum erfolgreichen Debüt zu verfolgen, das sei eine besondere Freude. „Ich finde es super, dass junge Menschen hier erstmals die Chance erhalten, ihre Arbeit einem Publikum außerhalb der Universität vorzustellen“, sagt auch Dr. Karin Köhler vom Kirchenkreisvorstand.

Welches neue Kapitel sie nun aufschlägt, das will Sarah Sophia Patzak in Ruhe während einer beruflichen Orientierungsphase überlegen – ein Stapel internationaler Bücher wartet außerdem darauf, gelesen zu werden. Die Finanzierung der Literaturkirche ist dank der Förderung durch die Ev.-luth. Landeskirche Hannovers für weitere vier Jahre gesichert. Das Programm für die nächste Spielzeit - „Wachen“ - steht. Sie beginnt am 19. September. „Bleibt nur noch, allen Hildesheimern und Hildesheimerinnen für die tolle gemeinsame Zeit zu danken“, schließt Patzak.   Wiebke Barth