Sie organisieren Demonstrationen und Diskussionen, bringen Tausende von Menschen auf die Beine für den Klimaschutz und geben der jungen Generation eine Stimme: Die Hildesheimer Gruppe von Fridays for Future wurde für ihr Engagement jetzt mit der Zukunfts-Hilde des Monats November ausgezeichnet. Mit der Urkunde hebt das Netzwerk öko, fair & mehr jeden Monat eine Initiative ins öffentliche Bewusstsein, die sich in herausragender Weise für Umwelt- und Klimaschutz in der Region einsetzt.
Das Bild hat sich eingeprägt - ein Mädchen allein, neben sich ein Schild: „Skolstrejk för Klimatet“ (Schulstreik für das Klima). Mit ihrer Aktion im August 2018 hat die Schwedin Greta Thunberg eine weltweite Bewegung in Gang gesetzt. Auch in Hildesheim gab es im Januar 2019 die erste Schulstreik-Demo von Fridays for Future (FfF) mit rund 200 Teilnehmenden. Bei der Klimastreik-Demo im September waren es schon rund 4500 Demonstrierende. Das Hildesheimer Orgateam hat seither nicht nachgelassen, regelmäßig an die Dringlichkeit einer entschiedenen Klimaschutzpolitik zu erinnern.
Im Sommer des Wahljahres 2021 haben die Jugendlichen eine Aktionswoche auf die Beine gestellt, um klarzumachen, dass der Klimaschutz das zentrale Thema kommender Politik sein müsse. Workshops, Info-Veranstaltungen und eine Podiumsdiskussion mit den Oberbürgermeister-Kandidaten gehörten dazu. Denn die Hildesheimer Aktivisten und Aktivistinnen von Fridays for Future legen auch großen Wert auf lokales Handeln. Schon im Februar 2020 hatte die Gruppe eine Liste mit 75 zum Teil sehr konkreten Forderungen an die Stadt vorgelegt: Darunter Klimaneutralität bis 2030, eine autofreie Innenstadt und ein möglichst kostenloser Öffentlicher Nahverkehr.
Im September fand eine Fahrrad-Sternfahrt nach Hannover statt, die mit hunderten von Teilnehmenden der Forderung nach einer Verkehrswende Nachdruck verlieh. „Die Motivation war groß“, sagt Felicia Müller von FfF Hildesheim, die selbst dabei war.
Der 24. September, kurz vor der Bundestagswahl, war wiederum Tag des weltweiten Klimastreiks. Auch in Hildesheim zogen mindestens 900 Menschen durch die Stadt: „Die Stimmung war phänomenal und es waren alle Altersgruppen vertreten“, beschreibt Felicia Müller ihre Eindrücke. Dass der Demonstrationszug nicht wie im ersten Jahr von Schülerinnen und Schülern dominiert wurde, sondern von Kindern bis Großeltern alle Generationen mitmachten, ist für sie ein positives Zeichen: „Dies verdeutlicht, dass unsere Bewegung für alle offen ist, und wir nur gemeinsam ein Zeichen setzen können.“ Der Klimastreik brachte dem Hildesheimer Orga-Team wieder neue Mitglieder.
Die Jugend-Bewegung Fridays for Future zeige den Älteren, wo es langgeht, sagte Klima-Coach Kurt Weidt bei der Übergabe der Zukunfts-Hilde auf dem Hildesheimer Marktplatz. Die jungen Aktivisten und Aktivistinnen hätten damit großen gesellschaftlichen Druck erzeugt: „Das beglückt mich.“
„Geballte Energie, Ausdauervermögen, Teamwork, Kreativität, Fachwissen und Gerechtigkeitssinn – all das verkörpert Fridays for Future Hildesheim“ sagte Tinka Dittrich. Seit 2019 arbeitet die Initiatorin von Hilde Lastenrad mit Fridays for Future zusammen. Die Schülerinnen und Schüler organisierten Laufdemos, Fahrraddemos, eine Laternendemo, Mahnwachen oder Sternfahrten und während der Corona-Pandemie Schilder- und Pflanzen-Demos. All das sei nur möglich durch hunderte von Stunden ehrenamtlicher Arbeit, sagte Tinka Dittrich – der gelegentlich laut gewordene Vorwurf, es gehe den Demonstrierenden nur darum, die Schule zu schwänzen, sei daher völlig haltlos. Auch mit ihrem Einkaufsservice für alte Menschen im ersten Corona-Lockdown hätten FfF ihre gesellschaftliche Verantwortung und Solidarität bewiesen.
Zwar seien die Ziele längst nicht erreicht, aber immerhin gebe es erste Erfolge für Fridays for Future und andere Klimabewegungen, sagt Linus Klante, der in Hildesheim von Anfang an dabei war: „Die Dramatik kommt langsam in den Köpfen an.“ Beispiele dafür seien die Verschärfung und Konkretisierung der Klimaziele nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes vom April 2021 oder die Korrektur der Prognosen des künftigen Stromverbrauchs durch Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier.
Fridays for Future dürfe jetzt nicht nachlassen und werde auch der künftigen Regierung „auf die Finger schauen“, meint Linus Klante. Denn: „Es muss schnell viel passieren.“ Da der Klimawandel nun bereits begonnen habe und eine Erderwärmung nicht mehr abzuwenden, nur noch einzudämmen sei, müsse die Resilienz in den Ländern erhöht werden. Das Leid in den Überschwemmungsgebieten in Deutschland führe das drastisch vor Augen. „Wir setzen uns weiterhin dafür ein, dass die Politik das Thema Klimagerechtigkeit priorisiert und Wege zur Einhaltung des 1,5° Zieles geht“, sagt Felicia Müller.
Jedoch nehmen die Klimaschützer und Klimaschützerinnen nicht nur die Politik in die Verantwortung, sondern setzen auch auf die Sensibilisierung der Bevölkerung, wenn es um Nachhaltigkeit, Energiewende und Mobilität geht. Wiebke Barth