Zwischen verlockend dunklen Brombeeren hindurch geht es zum Gewächshaus. Und hier, inmitten von Sträuchern voller reifer Tomaten, erklingt Vivaldis „Frühling“ – oder jedenfalls etwas, das stark daran erinnert. Quartett PLUS 1, das Ensemble für ungewöhnliche Musikperformances, zieht es beim neuen Stück in die Natur. Am Sonntag hat „Kompostition“ im Sorsumer Sonnengarten Premiere.
Es ist die zweite Kooperation des Quartetts mit Michaela Grön, der Leiterin des Nachhaltigkeitsprojekts „Lernen eine Welt zu sein“ im evangelischen Kirchenkreis Hildesheim-Sarstedt. Ausgangspunkt ist die Erkenntnis, den meisten Menschen sei sehr wohl klar, dass der Raubbau an der Natur schnellstens aufhören muss. „Aber wie packen wir es an?“, fragt Grön. „Wie können wir positive Impulse setzen?“
„Kompostition“ – ein Wortspiel zwischen Kompost und Komposition – solle nicht mit dem erhobenen Zeigefinger kommen, sagt Geigerin Katharina Pfänder. Sondern, ergänzt Bratschistin Kathrina Hülsmann, die Kreisläufe der Natur sinnlich erfahrbar machen. Das geschieht in André Bruns Sonnengarten, einer solidarischen Landwirtschaft am Ortsrand von Sorsum.
Die musikalische Achse bilden Vivaldis „Vier Jahreszeiten“. Eigentlich hätten sie das gar nicht gewollt, gestehen die Musikerinnen. Doch bei einem Garten-Rundgang mit dem Komponisten Bo Wiget, der eine ganz neue Musik erschaffen sollte, sei klar geworden, dass Vivaldi für das Projekt ideal ist.
Wiget zitiert den Barockhit allerdings nur und hat aus den „Jahreszeiten“ etwas Eigenes entwickelt. Bei den Aufführungen wird der Komponist auch selbst zu hören sein – nicht persönlich, sondern mit Celloklängen und gesprochenen Passagen; zugespielt über Lautsprecher, die zwischen den Gemüse-Beeten versteckt sind. Die Musik, die Quartett PLUS 1 live auf Geige, Bratsche und Cello spielt, hat Wiget speziell für die Orte der rund einstündigen Performance konzipiert.
Eine Besonderheit an „Kompostition“, so Cellistin Lisa Stepf: „Es ist keine Aufführung für das Publikum. Wir wollen mit dem Publikum etwas gemeinsam tun.“ Regisseurin Verena Ries lässt die Zuschauerinnen und Zuschauer leuchtend bunte Fahnen mit den goldenen Regeln der Permakultur tragen („Ein Hoch auf das Teilen“) oder neue Pflanzen säen. Auch Würmer aus dem Kompost sollen einen Beitrag leisten – wie das funktionieren soll, wird man aber erst am Sonntag erfahren.
Die Premiere am Sonntag, 12. September, um 14 Uhr ist fast ausverkauft. Für eine zweite Vorstellung um 17 Uhr gibt es noch Karten. Weitere Aufführungen sind am 24. September (17 Uhr), 25. September (14 Uhr) und 26. September (11 und 14 Uhr). Tickets und Anfahrtsbeschreibungen bekommt man über die Webseite quartettplus1.de. Der Sonnengarten befindet sich an der Sorsumer Hauptstraße 149a. Bei starkem Regen fallen die Vorstellungen aus. Ralf Neite