„Zukunftsweisend“

Nachricht Barnten, 03. September 2021

Versammlung der Katharinen-Kirchengemeinde in Barnten zum umstrittenen neuen Gemeindehaus

Barnten. Die Gemeindeversammlung der Katharinen-Kirchengemeinde Barnten hat sich hinter die Pläne des Kirchenvorstandes gestellt, ein neues Gemeindehaus in der Dorfmitte zu bauen. Etwa 40 Gemeindemitglieder fanden am Donnerstagabendum 19 Uhr den Weg zum Dorfgemeinschaftshaus. Um das Vorhaben hatte es in dem Dorf bei Nordstemmen zuletzt teils emotionale Diskussionen gegeben. Auch deswegen war unter anderem Mirko Peisert, Superintendent des Kirchenkreises Hildesheim-Sarstedt, angereist. Diesmal aber blieb die Stimmung sachlich. Tenor: Gemeinsam nach vorne schauen.

Die konkrete Vorgeschichte zur Gemeindeversammlung beginnt im Jahr 2018. In diesem Jahr erstellte der Kirchenkreis eine Bedarfsanalyse für Gebäude seiner Gemeinden, basierend auf Prognosen zur Mitgliederentwicklung. Die fällt für Barnten aus wie überall im Kirchenkreis. „Wir haben zu viele Gebäude, und diese sind auch noch zu groß”, fasst Superintendent Peisert zusammen. Das Gemeindehaus der Barntener misst 379 Quadratmeter. Nötig sind, laut Zuschreibung, lediglich 100 Quadratmeter. Entsprechend fehlt der Gemeinde das Geld, das Gemeindehaus zu halten. Vor drei Jahren begann der Kirchenvorstand deswegen, die Zukunft zu planen.

Die Entscheidung fiel auf einen Verkauf und einen Neubau in unmittelbarer Nähe zur Kirche. 2019 schrieb die Gemeinde einen Architektenwettbewerb aus. Eine Jury, unter anderem aus Politik und Kirche, Heimatpflege und Denkmalschutz sowie auch Bürgerschaft, wählte einen Entwurf aus. Kriterien waren unter anderem Funktionalität und Wirtschaftlichkeit, künstlerische Vision und kirchliche Erscheinung sowie Angemessenheit am Platz. „Nachvollziehbar und sachlich”, betont Kirchenvorstand Thomas Knackstedt. Mitte 2020 veröffentlichte die Gemeinde die Entwürfe, kommunizierte die Kosten. Die Denkmalpflege genehmigte die Bauvoranfrage.

Trotzdem gibt es in Barnten Widerstand gegen den Neubau. Knackstedt berichtet von Drohungen und Beschimpfungen. „Es fällt schwer, sachlich zu bleiben”, sagt er. Der Kirchenvorstand ist aber überzeugt: Alle anderen Lösungen haben sich als nicht umsetzbar erwiesen. „Es werden Behauptungen aufgestellt, ohne zu prüfen, Bilder veröffentlicht, ohne Rechte zu klären”, kritisiert Knackstedt die Kritiker*innen. Was ihn und seine Mitstreiter*innen am meisten trifft: Gegenstimmen kommen auch aus der Anonymität und nehmen zugleich in Anspruch, für „die Bürger” in Barnten zu sprechen. „Ich spreche für mich und gebe meinen Namen dafür her”, betont Knackstedt.

Kritiker*innen geben sich bei der Gemeindeversammlung nicht zu erkennen. Vor Ort sind aber Urs Enger und Dr. Jacquelin Schult, Miteigentümer des Gutshof Barnten. Sie hatten angeboten, dort Platz für das Gemeindehaus zu machen. Eine Machbarkeitsstudie hat die Kircherngemeinde davon abrücken lassen. „Das ist für uns in Ordnung”, betont Enger. Die Eigentümer des ehemaligen Fricke-Hofs, wie die Anlage auch genannt wird, sind „keine Fans” eines Neubaus am Kirchhof. „Wir fänden es schade, wenn der Platz seinen Charme verliert”, erklärt Schult. Zu ihrer Kritik stehen sie, die Entscheidung des Kirchenvorstandes und der Kirchengemeinde akzeptieren sie aber genauso. 

Auch Superintendent Peisert stellt sich hinter die Entscheidung. Der Kirchenvorstand habe offen und transparent geplant, alle Optionen geprüft und sich Rat geholt. Unter anderem Ulrich Bartels unterstützt die Ehrenamtlichen. Der Architekt arbeitet im Amt für Bau und Kunstpflege der evangelischen Landeskirche. Das Projekt ist anspruchsvoll, gibt er zu, gerade weil es in einem Ensemble entsteht. Er könne verstehen, dass es Leute kritisch sehen. Die Kirchengemeinde habe sich aber viel Mühe mit der Lösung gemacht. 

Diesen Ort zeichnet aus, dass er nach vorne geht”, lobt Bartels. “Es gibt auch keine Trickserei oder Sonderregelung für die Kirche”, betont Peisert. Den Denkmalschutz verantwortet die Landeskirche zwar selbst, ist aber dabei genauso an Recht und Gesetz gebunden wie der staatliche Denkmalschutz. Die Bauvoranfrage liegt vor, der Bauantrag ist gestellt, das Gemeindehaus ist verkauft. Die Verantwortlichen gehen davon aus, dass sich die Umsetzung des Vorhabens höchstens noch verzögern, nicht aber verhindern lässt.

Peisert ist es deswegen wichtig, nach vorne zu schauen. Das Gemeindehaus sei „eine Investition in die Zukunft der Gemeinde und des Dorfes”, ist der Superintendent überzeugt. Die Vorteile des Neubaus hebt Bauherr Bartels auch hervor. Das Gebäude soll energetisch optimiert sein und in Leichtbauweise aus Holz entstehen. Dadurch muss am Bauplatz kein Bagger das Erdreich aufwendig umgraben. 

Durch die Nähe zur Kirche kann direkt deren Heizung genutzt werden. Dass Kirche und Gemeindehaus künftig so nah beieinanderstehen, soll auch das Gemeindeleben verbessern, erklärt Kirchenvorstand Knackstedt. Für Trauungen oder Taufen, Konfirmationen oder Krippenspiele stünden in Zukunft eine Küche, Toiletten sowie Gemeinschaftsräume unmittelbar nebenan zur Verfügung. Ein Wunsch, der seit 2003 besteht.

Superintendent Peisert ist überzeugt, dass sich die Menschen in Barnten mit dem Neubau anfreunden können. Er kennt einen ähnlichen Fall aus seiner Heimat. Auch da baute die Gemeinde neben der Kirche. „Damals ein Skandal, und heute sind alle stolz auf das moderne Gemeindehaus mit Blick auf die gotische Feldsteinkirche.” Für ihn ist die Entscheidung der Katharinen-Kirchengemeinde deswegen „zukunftsweisend und vorbildhaft”. kultundkom