Diekholzen. Was Rebecca Brückner am Beruf der Pastorin besonders schätzt, ist die Vielfalt der Aufgaben und die Freiheit der Gestaltung. Der Weg zu dieser Erkenntnis allerdings war ein langer für die Theologin, die gebürtig vom Mittelrhein stammt. Er führte über Berlin, Jerusalem, Wuppertal und Ronnenberg nach Diekholzen. Hier nun fühlt sich die 40-Jährige angekommen: Am 19. Februar um 15 Uhr wird Rebecca Brückner in der Auferstehungskirche in ihren Dienst eingeführt.
Mit einer halben Pfarrstelle leitet sie künftig die Konfirmandenarbeit in der Region Süd und übernimmt an der Seite von Pastorin Kirstin Woltmann Aufgaben in der Auferstehungs- und Titus-Gemeinde. Kein einfaches Amt, denn die Auferstehungsgemeinde „leidet unter dem Mangel an Raum und Geld“, so Brückner. Auch die steile Auffahrt zur Auferstehungskirche sei ein Problem. Gleichzeitig feiern Kirche und Gemeinde dieses Jahr 60. Geburtstag. Die junge Pastorin will neue Wege gehen, die Kooperation mit anderen Gemeinden suchen und mit Menschen – von Konfirmanden und Konfirmandinnen bis zu Senioren und Seniorinnen – Antworten finden.
Als es um die Berufswahl ging, schwankte Brückner zwischen Psychologie, Logopädie und der Arbeit als Hebamme. Doch dann entschied sie sich für Jüdische Studien in Potsdam und nach einer Stippvisite bei den Literaturwissenschaften für evangelische Theologie und Berlin. Glauben und Religion waren in der Familie Brückner immer ein großes Thema: „Ich bin evangelikal erzogen.“ Von diesen sehr ernsthaften und festen Vorstellungen von Frömmigkeit habe sie sich inzwischen gelöst. Auch dank des Studiums. „Ich hab schnell gelernt, dass die Kategorien und Rezepte, mit denen ich bisher gelebt hatte, nicht für alle gelten. Dass Christentum viel mehr ist, und Glauben viele Dimensionen hat.“
Das fand sie vor allem während ihres Studienjahres in Jerusalem heraus: „Das war spannend und anstrengend und hat viel verändert.“ Sich als Minderheit zu erleben, verschiedene Traditionen und Lebenskulturen und auch deren scheinbar unlösbare Konflikte zu verstehen, habe sie im Denken flexibler gemacht und eine größere Toleranz gegenüber Unterschieden im Glauben mit sich gebracht. „Ich habe auch gelernt, zuzuhören und vieles einfach stehen zu lassen.“ Der Kulturschock stellte sich erst ein, als Brückner 2006 nach Deutschland zurückkehrte. „In Jerusalem findet das Leben viel auf der Straße statt. Die Menschen reden miteinander. In Berlin kümmert sich jeder nur um seine Sachen.“
Mit mehr Fragen als vorher beendete Brückner das Magisterstudium. Der Wunsch nach interreligiösem Dialog führte sie danach zum Internationalen Rat von Christen und Juden: „Da habe ich ehrenamtlich viel Energie in die Organisation von Konferenzen reingesteckt.“ Gearbeitet habe sie im Kindergarten und als Jugendleiterin und unterrichtete Ethik, Musik und Kunst an einer Gesamtschule. Schließlich holte Rebecca Brückner das kirchliche Examen nach und absolvierte das Vikariat. Dabei habe sie die Erfahrung gemacht, dass ihr die kreative Arbeit mit Texten - wie sie Gottesdienste verlangten - sehr gefalle: „Mit der Auswahl passender Gebete und Lieder möchte ich ein Gesamtkunstwerk schaffen, das etwas mit den Menschen macht.“ Sie komme gern über Texte mit den Menschen ins Gespräch.
In der dreijährigen Probedienststelle – mit einem zusätzlichen Jahr in Elternzeit - in Ronnenberg bei Hannover habe sie während der Coronazeit neue Wege eingeschlagen: Netzwerke mit KollegInnen gebildet, E-Mails mit Hausgottesdiensten an Gemeindemitglieder verschickt, Gottesdienste und Workshops per Zoom angeboten und Ausstellungen in Fensterfronten organisiert.
Zum 1. Januar diesen Jahres habe ihr Mann eine Pastorenstelle bei der Evangelischen Studierendengemeinde (ESG) in Hannover übernommen. Seit Anfang des Jahres bewohnt die Familie – Tochter Paulina ist zwei Jahre alt – in Diekholzen das Pfarrhaus direkt neben der Auferstehungskirche. „Wir fühlen uns sehr wohl. Im Haus wie im Ort.“
Gerade mit und durch Corona habe sich viel verändert, findet die Pastorin, und Kirche brauche auch Veränderung: „Die Kirche bleibt im Ort. Aber wir denken über Ortsgrenzen hinaus.“