2024 werden in der Ev.-luth. Landeskirche Hannovers die neuen Kirchenvorstände gewählt. Die Aufgaben im Kirchenvorstand sind vielfältig: Es geht darum, Verantwortung zu übernehmen und die Gemeinde mitzugestalten. Bewerber und Bewerberinnen können noch bis zum 10. Oktober dieses Jahres benannt werden. Anja von Nassau ist stellvertretende Vorsitzende im Kirchenvorstand der Martin-Luther-Gemeinde Nordstadt-Drispenstedt. Sie erzählt, wie vielfältig Gemeindearbeit sein kann.
Hildesheim. Anja von Nassau widmet dem Kirchenvorstand (KV) der Martin-Luther-Gemeinde in der Nordstadt ihre Energie, ihr Know-how und ihr Herz. „Ich liebe dieses Ehrenamt, weil ich das, was ich auf meinem Lebensweg gewonnen habe, in Teilen zurückgeben kann“, sagt sie.
Ganz bewusst ist die frühere kirchliche Verwaltungsfachangestellte, die heute in Personalwirtschaft und Management eines mittelständischen IT-Unternehmens in Hannover arbeitet, bei ihrer Rückkehr aus Northeim 2014 in die Nordstadt gezogen. Noch im selben Jahr wurde sie in den KV berufen. „Einfach etwas tun und mit seinen Lebenszielen verbinden“, lautet das Credo der Christin, die schmunzelnd gesteht, dass sie nicht bibelfest ist. Demnächst wird sie zwar ins Ostend umziehen, aber der Martin-Luther-Gemeinde bleibt die 57-Jährige treu: „Ich werde mich 2024 wieder aufstellen lassen.“
Das Besondere an dieser Gemeinde sei, „dass wir intern keine Ausschüsse und Kleingruppen haben, sondern alles in den KV-Sitzungen besprechen.“ Deshalb finden die Sitzungen alle drei Wochen statt, abwechselnd in Martin-Luther und St. Thomas Drispenstedt. „Wir sind stringent, innovativ, offen, kritikfähig und lösungsorientiert“, betont von Nassau. „Es ist ein großes Glück, dass wir mit Lutz Krügener und Jochen Groen zwei tolle Pastoren mit unterschiedlichen Schwerpunkten haben, und im KV unterschiedliche Meinungen akzeptiert werden.“
Daher gab es lange Diskussionen, ehe vor kurzem zum dritten Mal in Martin-Luther einem Menschen Kirchenasyl gewährt wurde. „Alles, was getan wird, steht und fällt mit den Menschen“, meint Anja von Nassau über die Arbeit des Kirchenvorstands. Im achtköpfigen Gremium ist sie eigentlich für die Finanzen zuständig, aber derzeit auch für die umfangreichen Baumaßnahmen am Gemeindehaus. „Es ist viel zu tun. Ein großes Abwägen für Ehrenamtliche“, gesteht von Nassau. Im ehemaligen Lutherraum des Gemeindehauses und dem danebenliegenden Neubau entsteht eine Krippe. Das Dachgeschoss des Gemeindehauses wird entkernt und stillgelegt: „Die Feuerschutzauflagen sind für die Kirchengemeinde nicht mehr tragbar.“
In die erste Etage ziehen nach dem Umbau der Kirchenkreisjugenddienst und andere Einrichtungen des Kirchenkreises. Mit den Mieteinnahmen können die Kredite für den Umbau des Erdgeschosses finanziert werden. Zum Beispiel wird mit Blick auf die Winterkirche der große Gemeindesaal saniert, der „Konfiraum“ für die Anfragen von Gruppen wie Chören, Gymnastikkreis und Frauengruppen aufgearbeitet und vor allem die Küche erneuert. Unter anderem wünscht sich Anja von Nassau eine gemischte Kochgruppe: „Kochen verbindet Menschen und Kulturen“, ist sie überzeugt. Dabei ist Nachhaltigkeit ein wichtiges Thema: „Im Quartier haben wir zum Beispiel ein 200-teiliges Mehrweggeschirr gekauft, das allen zur Verfügung steht.“
Und der KV, in dem sie stellvertretende Vorsitzende ist, beweist sich nicht nur als Bauherr, sondern als stadtteilbezogener Netzwerker und arbeitet unter anderem mit Stadtteilbüro, Familienzentrum, Grundschule Nord, Faserwerk, Kulturfabrik, Theaterhaus und Moschee zusammen: „Mit allem, was probiert, im sozial-diakonischen Gemeinwesen tätig zu sein.“ Und es ist viel los in und um Martin-Luther: Die Wiese vor der Kirche steht Veranstaltungen offen und lädt mit Bänken und dem Fairteiler-Kühlschrank zum Verweilen ein.
Kirche mit Kindern soll einmal im Monat etabliert werden. „Wir probieren, den Gottesdienst von 10 auf 11 Uhr zu verlegen, um anschließend mit den Familien gemeinsam essen zu können“, erzählt von Nassau. Auch ein Krippenspiel soll wieder Tradition werden. Im Winter gibt es das Projekt „Ins Licht gerückt“ in Verbindung mit Berufsbildenden Schulen und anderen Interessierten. „Da kommen keine Massen, aber wir werden wahrgenommen.“
Dreimal die Woche bietet die Kirchengemeinde einen Mittagstisch, „als Wärmeplatz und um ältere Menschen aus der Einsamkeit rauszuholen“. Im Sommer heißt es „Nordstadt tischt auf“, das nächste Mal am 24. August. Lutz Krügener und Katrin Bode bieten Stadtteilspaziergänge an, zum ökumenischen Frauenfrühstück kommen viele Menschen mit Migrationsgeschichte und am 2. September ist wieder ein Straßenfest geplant.
Auf dem Prüfstand steht zurzeit die neue Gottesdienstform, so werden aktuell die Gemeindekirchen Martin-Luther und St. Thomas aufgrund der Stellenreduzierung eines der Pastoren nur noch abwechselnd bespielt werden. Ungeachtet der vielen Kirchenaustritte sei die Arbeit des Kirchenvorstands wichtig, unterstreicht Anja von Nassau: „Wir müssen uns überlegen, was brauchen die Menschen, damit sie nicht weggehen, sondern zu uns kommen.“
Wetere Informationen und Termine unter www.martin-luther-kirche.de Martina Prante