Abschied mit einer Schatzkiste voller Erinnerungen

Nachricht Hildesheim, 07. März 2023

Pastor Jürgen Loest geht nach 40 Jahren in den Ruhestand und verabschiedet sich von der St.-Lamberti-Gemeinde in der Neustadt – aber nicht von Hildesheim

Hildesheim. Es sei ein doppelter Abschied, sagt Pastor Jürgen Loest selbst über seinen bevorstehenden Ruhestand: der Abschied vom Berufsleben nach 40 Jahren im Verkündigungsdienst, der Abschied von der St.-Lamberti-Gemeinde nach 13 Jahren. Es ist außerdem ein Abschied von der Neustadt, denn das Ehepaar Loest hat die Pfarrwohnung gegenüber der Kirche schon verlassen und ist in eine Mietwohnung anderswo in Hildesheim umgezogen. In den vergangenen 13 Jahren war Loest nicht nur Pastor der Kirchengemeinde, sondern für viele auch der des Stadtteils. War er zu Fuß in der Nachbarschaft unterwegs, gab es immer Begegnungen und Gespräche. Dass er sich in der Initiative Neustadt engagierte, war für Pastor Loest selbstverständlich.

Am 12. März wird er um 15 Uhr mit einem Gottesdienst verabschiedet; seine Zeit als Pastor endet zum 1. April. Für vieles sei er dankbar, sagt Pastor Loest im Rückblick: dafür, dass er bis zum Ende seines Berufslebens gesund geblieben ist, dass er und seine Frau Christine Aden-Loest einander noch haben, für seine drei Kinder und das erste Enkelkind. Dankbar ist er auch für viele Begegnungen: mit Menschen, die sich engagieren, anderen Kraft und Trost spenden, „das sind für mich Engel“, sagt der Pastor.

Seine Beziehung zur Kirche war für den 1958 in Celle geborenen Jürgen Loest von Kindheit an von Musik begleitet. Der Kantor hatte Vater und Sohn miteinander singen hören und lud den Jungen in den Kirchenchor ein, später wurde Loest auch Organist. In der Lambertigemeinde erlebten Gottesdienstbesuchende, dass er von seinem Platz am Altar zu seinem Platz im Chor eilte und wieder zurück. Ein Sportabzeichen, sagt der Pastor, gab es dafür aber nicht.

In Orgelpredigten versuchte er, die Beziehungen zwischen Wort und Musik zu entdecken und die Verkündigung zusammen mit den Musikern und Musikerinnen erlebbar zu machen. Die musikalisch-literarischen Spaziergänge gehören ebenso wie das Projekt Kinderkathedrale, die vielen Krippenspiele oder die Zusammenarbeit mit den Kollegen und Kolleginnen der Innenstadtgemeinden in der ALM oder mit den engagierten Ehrenamtlichen in St. Lamberti in seine Erinnerungs-Schatzkiste.

Bevor die Familie 2010 nach Hildesheim kam, lebte sie zwanzig Jahre in Ueffeln bei Bramsche. Das Pfarrhaus stand direkt gegenüber dem Feuerwehrhaus, der Pastor trat in die Freiwillige Feuerwehr ein, „wie man das im Dorf macht“. So kam es, dass er die Notfallseelsorge mit aufbaute und sich zum Traumafachberater ausbilden ließ.

Diese Erfahrungen haben ihn sehr geprägt: Unfallsituationen, Begleitung bei Kindstoden und Suiziden, Überbringen von Todesnachrichten. Das kostet Kraft. „Aber man erfährt sich auch als Feuerwehrmann, als Seelsorger, als Helfenden“, erklärt der Pastor: „Ich durfte erleben, wie Menschen – mich eingeschlossen – gerade in solchen Erfahrungen Kraft gefunden haben und Hoffnung entwickelten.“ Das hat für ihn viel mit Glauben zu tun. Verzweiflung und Trauer haben nicht das letzte Wort.

Der Pastor freut sich darauf, Fragen des Glaubens und des Lebens in seinem Ruhestand aus reinem Interesse nachzugehen. Er freut sich auf Zeit mit der Familie, auf Bücher und Reisen. Ein Jahr Pause hat er sich vorgenommen, danach würde er aber gern wieder ab und zu in einer Gemeinde einspringen – schon weil er so gern Gottesdienst feiert.  Wiebke Barth