Hildesheim. Die Bewahrung der Schöpfung hat sich die Kirche seit jeher auf die Fahne geschrieben. Nun will der Kirchenkreis Hildesheim-Sarstedt konkret werden. „Öko-faire Gemeinde“ ist der Titel eines Projektes, das den Kirchengemeinden helfen will, „ökologische und soziale Auswirkungen unseres Handels konsequent zu berücksichtigen“. So steht es in der neuen Broschüre „Zukunftsfähig einkaufen im Kirchenalltag“, die gerade aus dem Druck gekommen ist und als Leitfaden für ein neues Handeln dienen soll.
Einkäufe und Dienstleistungen wirken sich immer auch auf andere Menschen, ihre Arbeits- und Lebensbedingungen, auf Tiere, auf Ökosysteme und das Klima aus. Das 20-seitige Heft zeigt, wie man bewusster mit den Ressourcen der Erde umgehen kann, auf faire Herstellung und Handel achtet, einen Beitrag zur globalen Klimagerechtigkeit leistet. Der Leitfaden wendet sich zunächst an Kirchengemeinden. Die Empfehlungen, sagt Superintendent Mirko Peisert, seien aber eins zu eins auf andere Organisationen, Einrichtungen und Vereine übertragbar.
Die „öko-faire Gemeinde“ ist eine Initiative, die schon seit Jahren in der Nordkirche läuft. 30 Gemeinden sind bereits mit dem Qualitätssiegel ausgezeichnet worden. „Angesichts der komplexen Herausforderungen fühlen sich viele Menschen überfordert und in ihrer Rolle als einzelner Mensch hilflos. Die Überforderung verursacht oft Lähmung oder Verdrängung“, sagt Juliane Hillebrecht vom übergeordneten Projekt „Lernen eine Welt zu sein“. Sie hat das Konzept gemeinsam mit Karoline Wolfram und Michaela Grön für den Kirchenkreis überarbeitet. Der Überforderung sollen nun ganz konkrete, vielfach leicht umsetzbare Maßnahmen entgegenwirken.
Das beginnt bei Tipps für die Anschaffung von Büromaterial, geht weiter mit dem Supermarkt-Einkauf für die Gemeindeveranstaltung, führt über Reinigungsmittel, oder speziell zertifizierte elektronische Geräte bis zu Heizungshinweisen und Energie-Controlling. Gemeindeausflüge mit Rad, Bahn oder Bus werden angeregt, aber auch Online-Teamsitzungen oder der Einsatz von Open-Source-Software in der EDV.
Insgesamt sind es rund 30 Maßnahmen; manche davon sind ganz leicht in die Tat umzusetzen, andere erfordern einen größeren Aufwand. Um die Auszeichnung der „öko-fairen Gemeinde“ zu bekommen, müssen zehn dieser Maßnahmen erfüllt werden – welche, ist egal.
Auch eigene Ideen sind natürlich willkommen. So hat die St.-Paulus-Kirchengemeinde in Hasede ein Car-Sharing-System entwickelt, bei dem der sogenannte Kirchenbus der Gemeinde mit sieben Sitzen für vielfältige Zwecke eingesetzt und von mehreren Ehrenamtlichen gefahren wird: für Fahrdienste zu den Gottesdiensten auf den Dörfern der Gemeinde, als Dienstwagen der Pastorin und manchmal auch für ungeplante Einsätze für Schulkinder, wenn der Bus ausfällt. Nur nicht als Transportmittel für Getränkekisten: „Die holen wir mit dem Handwagen vom Getränkemarkt um die Ecke“, so Küsterin Doris Kietzmann.
„Man kann mit sehr einfachen Maßnahmen beginnen und sich dann steigern“, schlägt Michaela Grön vom Projektteam vor. „Dadurch soll es erleichtert werden, ins Tun zu kommen. Denn das ist das Wichtigste!“ Juliane Hillebrecht fügt hinzu: „Ein Entwicklungsprozess strahlt immer auch auf andere Bereiche aus und bringt Schwung.“
Nicht jede:r müsse das Rad neu erfinden, sagt Michaela Grön. Das Projektteam unterstütze mit Rat und Tat, helfe den Gemeinden, sich bei öko-fairen Aktivitäten zu vernetzen, könne auch Referent:innen vom Fach einladen. Und, so Grön: Wir haben in diesem Bereich viele Schnittstellen mit außerkirchlichen Akteuren und können unser Engagement gegenseitig befruchten.“
Mehrere Gemeinden im Kirchenkreis sind ohnehin schon auf dem Weg. Karoline Wolfram nennt als Beispiele die 12-Apostel-Gemeinde Sarstedt-Land, die in Kooperation mit der Klimaschutzgruppe Algermissen und dem BUND Blühwiesen auf Kirchengrund angelegt hat, die Hochbeete für Artenvielfalt auf dem Andreasplatz oder die „Fairteiler“-Kühlschränke, die mehrere Gemeinden in Kooperation mit der Initiative Foodsharing bereitstellen und pflegen. Sie helfen, Essen davor zu bewahren, weggeworfen zu werden.
„Uns für globale Klimagerechtigkeit einzusetzen, ist eine der drängendsten Aufgaben für unsere Kirche“, sagt Superintendent Mirko Peisert. „Und damit können wir direkt vor Ort in unseren Gemeinden beginnen.“ Ralf Neite
Nähere Informationen zur „öko-fairen Gemeinde“ und zum Projekt „Lernen eine Welt zu sein“ gibt es bei Karoline Wolfram oder Michaela Grön, Telefon 05121-9187471, per Mail an karoline.wolfram@evlka.de