Hildesheim. Allein zu Haus vor dem Fernseher sind die unfassbaren Berichte aus dem Krieg in der Ukraine ganz schwer zu ertragen, findet Pastor Lutz Krügener von der Martin-Luther-Gemeinde. Um Menschen in "dieser Ohnmacht und dem Entsetzen" einen Ort der Stärkung, der Gemeinschaft und der Hoffnung zu bieten, organisieren verschiedene Kirchengemeinden wie Martin-Luther und St. Michaelis Friedensgebete.
Gemeinsam für den Frieden zu beten, das hat in Hildesheim eine ganz alte Tradition, verweist Lutz Krügener auf die wöchentlichen Treffen, die seit dem Golfkrieg 1991 fast 20 Jahre - meistens in St. Jakobi - angeboten worden sind. Unter den neuen Vorzeichen haben sich Martin-Luther-Gemeinde in der Nordstadt mit der katholischen Kirche Guter Hirte im Fahrenheitgebiet und der Neuapostolischen Gemeinde zusammen geschlossen. "Ökumene war uns sehr wichtig." Jeweils mittwochs wird in einer der Kirchen um 17 Uhr nicht nur gebetet.
Bereits am 16. Februar, vor Ausbruch des Krieges – "als sich andeutete, dass da was kommen wird", so Krügener – setzte Martin-Luther auf ein Gebet für den Frieden. Und das sollte so bleiben: "Wir sind die Entwicklung quasi mitgegangen", resümiert Krügener, der seit anderthalb Jahren in Martin-Luther als Pastor wirkt und davor in Hannover das Referat für Friedensarbeit in der evanglischen Landeskirche betreut hat.
Der ökumenisch besetzte Vorbereitungskreis gestaltet die 30 Minuten mit einem Fürbittteil, Lesung und Auslegung zur aktuellen Situation und dann einer Bitte um Spenden für den Guten Hirten. "Zuerst hatten wir die Stärkung der Menschen im Blick, doch dann kam schnell der Impuls, etwas zu tun." Ein erster Schritt war die Kollekte, der zweite: "Wir suchen Unterstützer, die Geflüchteten helfen, zum Beispiel eine Wohnung einzurichten oder Kinder zu unterrichten." Die ersten Male war die Kirche mit bis zu 60 Gästen gut besucht: "Nicht nur aus der Nordstadt, sondern auch aus dem Fahrenheitgebiet und der Stadt." Inzwischen habe sich die Zahl halbiert, bedauert Krügener diese "Form von Gewöhnung".
Die hat auch Pastor Dirk Woltmann in St. Michael feststellen müssen. Seit Anfang März - nach dem Aufruf der Evangelischen Kirche, als Zeichen der Solidarität für die Menschen in der Ukraine gemeinsam die Glocken zu läuten – organisierte die Gemeinde Friedensgebete – und zwar täglich. "Der Impuls kam von den ehrenamtlichen Mitgliedern, die seit 2010 auch die Mittagsandachten organisieren."
In dem 20 bis 30 Minuten dauernden Friedensgebet wird neben einem kleinen Impuls, Gebet, Vater Unser und dem Lied "Verleih uns Friede gnädiglich" vor allem auf Stille gesetzt. "Den Worten misstrauen und die Gegenwart Gottes spüren", beschreibt Woltmann das Ziel. Weil die anfangs zweistellige Besucherzahl inzwischen unter zehn gefallen ist, hat die Initiative jetzt beschlossen, das Friedensgebet auf einen wöchentlichen Termin zu reduzieren.
Das offene Angebot wird aber aufrecht erhalten, weil "die Mitarbeitenden den brennenden Wunsch geäußert haben, dieses Zeichen gegen die Hilflosigkeit der kaum zu ertragenden Berichte fortzusetzen". In Zukunft - ab 22. April - wird auf dem Michaelishügel jeweils freitags um 17 Uhr unter Mitwirkung von Bläsern des Posaunenkreises von St. Michael für den Frieden gebetet.
Martina Prante
Info:
Weitere Friedensgebete im evangelischen Kirchenkreis Hildesheim-Sarstedt: St. Johannes Gr. Escherde, donnerstags um 18.15 Uhr i(in der Karwoche Mittwoch u 18.15 Uhr), Markuskirche, freitags um 18 Uhr, Zwölf Apostel Sarstedt-Land, montags um 18 Uhr in der St. Matthäuskirche Algermissen, Auferstehungsgemeinde Diekholzen, freitags um 17.30 Uhr (außer Karfreitag).