Zuhören statt Schubladendenken

Nachricht Kreis Hildesheim, 15. Januar 2022

Superintendent Mirko Peisert möchte mit Projekt „Wir müssen reden“ Menschen unterschiedlicher Positionen in den Dialog bringen

Hildesheim. „Wir müssen reden“, ist Superintendent Mirko Peisert überzeugt: Bevor sich die Fronten zwischen Gegnern und Befürwortern von Impfungen und Corona-Schutzmaßnahmen immer mehr verhärten, sollten beide Seiten besser in den Dialog treten. Darum hat Mirko Peisert mit einem kleinen Team innerhalb weniger Tage ein Projekt entwickelt, das eben diesen Titel trägt: „Wir müssen reden“. Es handelt sich um eine Gesprächsbörse, die Menschen in ein Zwiegespräch bringen soll.

In den vergangenen Wochen standen sich montags auf dem Andreaskirchplatz jeweils zwei Gruppen gegenüber: auf der einen Seite diejenigen, die gegen Impfung und Corona-Maßnahmen protestieren, auf der anderen Seite diejenigen, die für Impfungen werben und Maßnahmen umsetzen wollen – dazwischen die Andreaskirche. „Die Stimmung wird hitziger, Polaritäten bilden sich heraus“, hat Peisert beobachtet. Menschen würden in Schubladen sortiert und abgestempelt. Helfen könne das Gespräch, um einander besser zu verstehen: „Zuhören ist immer der richtige Ansatz“, sagt Peisert.

Bei den Überlegungen, in welchem Rahmen die unterschiedlichen Positionen sich austauschen könnten, wurden zunächst einige Ideen als unbrauchbar gestrichen. Denn eine Zusammenkunft mit vielen Menschen ist derzeit nicht möglich - erst recht nicht, wenn ungeimpfte Menschen dabei sind. Auch ein digitales Forum schien nicht das Mittel der Wahl: „Da gibt es ein hohes Eskalationspotential“, befürchtet Peisert.

Stattdessen sollen nun jeweils zwei Personen gegensätzlicher Positionen zusammengebracht werden. Wer offen ist für den Austausch und teilnehmen möchte, meldet sich mit E-Mail an wir.muessen.reden@posteo.de. Aus dem Kirchenkreis gibt es schon die ersten Meldungen, unter anderem wird Regionalbischöfin Dr. Adelheid Ruck-Schröder dabei sein. Wer sich angemeldet hat, bekommt drei Fragen zugeschickt: nach der grundsätzlichen Haltung zu Impfungen und Corona-Maßnahmen sowie nach ein paar Angaben über die eigene Person.

Das Projekt-Team stellt dann die Paarungen zusammen und teilt die E-Mail-Adresse des Gegenübers mit. Wie sich die beiden Gesprächspartner danach verabreden, entscheiden sie selbst: ob nun zum Telefonieren, Video-Gespräch, Spazierengehen oder Kaffeetrinken. Nur vom bloßen Mail-Kontakt rät Mirko Peisert ab, das führe nicht zu einem guten Austausch.

Auch soll es nicht vorrangig darum gehen, den anderen oder die andere mit den eigenen Argumenten umzustimmen, sondern vor allem zuzuhören, die Beweggründe des Gegenübers kennenzulernen und wenn auch nicht zu teilen, vielleicht trotzdem zu akzeptieren. Das sei im Gespräch mit Fremden manchmal einfacher als in anstrengenden Debatten in Freundeskreis und Familie, glaubt der Superintendent. Die Gespräche bleiben vertraulich, eine Dokumentation oder Mediation ist nicht vorgesehen.  Wiebke Barth