Die Pastorin, die geht und dennoch bleibt

Nachricht Hildesheim, 18. Mai 2022

Carola Bachstein verabschiedet sich aus Matthäus-Gemeinde und wird Springerin

Hildesheim. „Es ist immer gut, einen Joker in der Hinterhand zu haben“, sagt Pastorin Carola Bachstein verschmitzt. Joker werden immer dann gebraucht, wenn die Dinge nicht ganz laufen, wie geplant. Nach langer Zeit als Pastorin der Matthäusgemeinde wird sie am kommenden Sonntag mit einem feierlichen Gottesdienst verabschiedet. Und zwar um künftig als „Springerin“ überall dort im Kirchenkreis zu helfen, wo gerade eine Pastorin gebraucht wird. Zum Abschied und Neuanfang plaudert die Joker-Pastorin aus dem Nähkästchen. 

Sechs Jahre lang war die gebürtige Hannoveranerin für die Matthäusgemeinde zuständig – und schließt dieses Kapitel ihrer Arbeit nun ab. Nach einer Phase der Krankheit tastet sich Bachstein wieder an die Arbeit heran und hat als Springer-Pastorin gleich eine neue Herausforderung vor sich. Obwohl: Ganz unerfahren ist sie darin nicht. Ganz zu Beginn ihrer Laufbahn war Bachstein schon einmal als „Springerin“ tätig, damals bei Bremen. Eine große Herausforderung zum Einstieg, „es war sehr schwer, sich nicht völlig aufzureiben“.

Später, als Pastorin der Matthäusgemeinde in Hildesheim, hatte sie mehr Gestaltungsmöglichkeiten, wie sie bei einem Tee erzählt. Und endlich Gelegenheit, sich mehr auf eine nachhaltige und intensive Gemeindearbeit zu fokussieren. Dabei machte Bachstein unheimlich viele wertvolle Bekanntschaften und ging dem Teil ihrer Arbeit nach, der ihr am meisten Freude bereitet: gemeinsam mit Menschen deren vielfältige individuelle Zugänge zum Glauben erforschen. Ob sinnlich oder verkopft, ob Popsongs oder Kantaten singend – Hauptsache Gott hält Einzug ins Leben. „Obwohl ich am Ende dann doch die Popkantorei den schwergängigeren der alten Lieder vorziehe“, gibt die Pastorin lachend zu. 

Wenn sie nicht die Bibel liest, dann am liebsten Krimis und Liebesgeschichten. Von Kriminalgeschichten lässt es sich leichter erzählen als von der Liebe, findet Bachstein. Im Krimi gibt es in der Regel eine Auflösung, eine klare und logische Erklärung. Der Täter oder die Täterin erhält eine Strafe. Bei der Liebe läuft das anders, die ist komplexer. Und auch wenn es Erzählungen von Strafe in der Bibel gibt, handeln die Geschichten Gottes vor allem von der Liebe. Das letzte Gericht straft nicht, es rückt gerade. 

Als Pastorin ist es Bachsteins Aufgabe, diese komplexen Liebeserzählungen zu vermitteln. „Also Erzählungen von einem Gott, der nicht trennt, sondern verbindet. Der sich nicht aus der Affäre zieht“, sagt sie. In diesen Geschichten geht es nicht um Strafe, sondern um Trost. „Vielleicht gibt es eine Hölle, aber sie ist leer“, glaubt Bachstein. 

Ihr Zuständigkeitsbereich bleibt im Kirchenkreis Hildesheim-Sarstedt. Bislang sind hier noch viele interessante Orte im Landkreis für sie unentdeckt. Höchste Zeit also, dass sich das ändert. Denn eigentlich ist das genau ihr Ding: Carola Bachstein sucht und findet Gott nicht nur in Kirchen, sondern überall in der Landschaft. Spontan zitiert sie aus dem Thomas-Evangelium: „Jesus spricht: hebt den Stein auf und ihr werdet mich dort finden.“

Inzwischen fühlt sich Bachstein weit besser für den Job als Springerin gerüstet als zu Beginn ihrer Laufbahn. Und auch bereit, dafür ein anderes Kapitel hinter sich zu lassen. Wanja Neite

Der Verabschiedungsgottesdienst für Pastorin Bachstein findet am Sonntag, 22. Mai um 15 Uhr in der Matthäuskirche statt, unter Mitwirkung von Superintendent Mirko Peisert. Anschließend lädt die Gemeinde zu einem Kaffeetrinken in den Hof ein.