Nicht den Mut verlieren

Nachricht Hildesheim, 15. Juni 2022

Ein frischer Sommerwind weht durch die Markus-Gemeinde

Hildesheim. „Wer auch nur einigermaßen laufen und zupacken kann, hilft hier mit!“, erzählt Stammgast Wolf-Dieter Markfeld, während er einen Stapel Geschirr in die Küche balanciert. Es ist ein ganz gewöhnlicher und zugleich besonderer Tag in der Markus-Gemeinde am Steinberg: der allwöchentliche Seniorenmittagstisch findet statt, heute mit Besuch des Superintendenten Mirko Peisert. Er ist für eine Woche zur Visitation da, wie alle sechs Jahre. 

Ausgerechnet die Leitung des Seniorenmittagstischs, Maria-Anne Adam, fällt heute mit Corona-Erkrankung aus. Doch sie kann sich bestens auf den Rest der Runde verlassen – es ist für alles gesorgt. Die Stimmung ist ausgelassen und die meisten Anwesenden sind so sehr mit Plaudern beschäftigt, dass sie kaum zum Essen kommen. Für viele von ihnen ist es der wichtigste regelmäßige Termin, seit Jahren kommen sie jede Woche hierher. In den bald zehn Jahren seines Bestehens hat sich das Treffen als feste Institution etabliert. Außer für die Kinder vom benachbarten Kindergarten, die nicht mehr gemeinsam mit den Senioren essen können, wie noch vor ein paar Jahren: selbst zubereitetes Essen darf ihnen, nach gesetzlicher Vorschrift, nicht aufgetischt werden. Überaus schade für eine Gemeinde, die sich Vielfalt und Inklusion groß auf die Fahne schreibt. 

Vielfalt bedeutet auch, sich mal eine eigene Nische zu suchen. Der Mittagstisch wird vor allem von älteren Frauen besucht. So hat sich mit der Zeit neben der großen Tafelrunde ein kleiner Nebentisch etabliert, an dem die kleine Gruppen Männer geparkt wird, die regelmäßig am Treffen teilnimmt. „Einige Personen haben hier am Tisch mit ihrem lauten Organ etwas viel Platz eingenommen. So ist der Herrentisch entstanden“, offenbart eine anonyme Insiderin. 

Die Pandemie bedeutete für den Mittagstisch, wie für die gesamte Gemeindearbeit, einen Einschnitt. Nun gilt es, sehr mühsam die gewachsenen Strukturen erneut zum Leben zu erwecken und wieder mehr Schwung ins Gemeindeleben zu bekommen. „Wir müssen langsam wieder in Gang kommen und dürfen nicht den Mut verlieren“, gibt sich Kirchenvorstand Otto Köhler kämpferisch.

Pastorin Anke Garhammer-Paul ist zuversichtlich: „Der Wunsch, dass hier wieder mehr passiert, ist groß.“ Auch wenn sich Bedürfnisse geändert haben. Bei einigen, besonders Eltern in der Gemeinde, nimmt Garhammer-Paul eine pandemische Müdigkeit wahr, denn auf viele Strukturen ist nicht mehr so viel Verlass wie zu vor. „Wir müssen damit leben lernen, das macht etwas mit den Leuten“, so die Pastorin – die im gleichen Atemzug betont, wie wichtig es den Menschen in der Markus-Gemeinde ist, Nachbarschaft zu leben. Die Gemeinde sei nach wie vor ein zentraler Treffpunkt für die Leute. 

So auch für Wolf-Dieter Markfeld, der froh ist, vor vielen Jahren ausgerechnet in diese kleine, aber sehr aktive und verbundene Gemeinde gezogen zu sein. Seine Frau Marianne Markfeld schmeißt heute den Laden. Nach 20 Jahren als Küsterin ist sie der Gemeinde im Ruhestand in zahlreichen Funktionen erhalten geblieben, „weil wir hier viel erleben“. Diese Einschätzung teilt auch Superintendent Peisert, der die Gemeindearbeit hier schon lange Zeit als hoch innovativ und partizipativ wahrnimmt. „Auch die Gottesdienste sind in der Regel gut besucht“, so Peisert. Obwohl sich auch hier der demografische Wandel bemerkbar mache. 

Für ihn gilt es an diesen sechs Tagen Visitation darum, einen Blick von außen in die Arbeit zu werfen, Feedback zu geben und ein paar Impulse mitzubringen. Dabei geht es derzeit vor allem um eine Stärkung der Zusammenarbeit in der ganzen Region. Peisert: „Auch wenn es hier in St. Markus gerade keine akute Rolle spielt, werden wir künftig in der Region Einsparungen machen müssen.“ Dafür gilt es, gemeindeübergreifend zusammenzurücken. 

Zu Beginn des Sommers herrscht in St. Markus Aufbruchstimmung. Endlich kommen die Dinge wieder in Gang. Wanja Neite

Info:

Ein Visitationsgottesdienst mit Superintendent Mirko Peisert wird am Sonntag, 19. Juni, um 10 Uhr in der Markuskirche am Ulmenweg gefeiert.