Unbürokratische Hilfe für Geflüchtete

Nachricht Hildesheim/Lühnde, 26. April 2022

Gemeinden im Kirchenkreis Hildesheim-Sarstedt organisieren gelb-blaue Treffpunkte

Hildesheim/Lühnde. Drei Tage waren sie mit Zug und Bus unterwegs, um dem Bombenhagel in Kiew zu entfliehen. Und schon zwei Tage nach ihrer Ankunft in Lühnde sitzen Yana Parkhomenko und ihre Tante Olha Zavackaga Dienstagvormittag im Gemeindehaus und büffeln mit Hilfe von Elvira Gaun Deutsch. "Viele Gemeinden stellen mittlerweile die Gemeindehäuser mit starker ehrenamtlicher Unterstützung als Treffpunkte für Geflüchtete zur Verfügung", freut sich Superintendent MIrko Peisert.

Blau-gelbe Treffpunkte nennt sich die Aktion, in der Gemeinden der evangelischen Landeskirche Geflüchteten einen Ort zum Austausch zur Verfügung stellen. Da habe sich in kurzer Zeit sehr viel entwickelt, betont Peisert. "Darüber freue ich mich sehr, das ist ein wichtiger Beitrag, den die Kirchengemeinden leisten können." Sie verfügten über gute Netzwerke und könnten vielfache Hilfe vermitteln.

Das kann Pastor Raphael Below nur bestätigen. Bereits seit Ende März ist der blau-gelbe Treffpunkt der Zwölf-Apostel-Gemeinde in Lühnde aktiv. "Hier passiert ganz viel", freut sich Below über das ehrenamtliche Engegament. Mehr als 20 Menschen - vom Deutschen Roten Kreuz und dem Verein Zukunft Lühnde, aber auch Studierende und Mütter - haben sich zusammengeschlossen, um zu helfen. 

Zwei Mal pro Woche - Dienstag von 10 bis 12 und Donnerstag von 15.30 bis 17.30 Uhr - stehen die Türen für Geflüchtete im Gemeindehaus von Lühnde offen. "Im Umkreis sind viele auf privater Initative untergebracht", weiß Below. Vor Ort läuft die Organisation "ganz unbürokratisch", betont Jeschke, der in Wätzum als Tischler arbeitet. "Wir sind eine funktionierende Dorfgemeinschaft", ergänzt Heike Meyer vom DRK, die selber einer sechsköpfigen Familie Herberge geboten hat.

Aufgrund der großen Spendenbereitschaft in der Gemeinde finden die Menschen aus der Ukraine, die meist mit leeren Händen geflüchtet sind, Kleider, Spielsachen, Fahrräder und Kleinmöbel. "Davon wird reger Gebrauch gemacht." Allerdings winkt Jeschke ab: "Unsere Aufnahmekapazität ist erreicht." Wer jetzt noch spenden möchte, dem steht eine Garage der Stiftung Deutsche Kleiderspende zur Verfügung.

Die größte Hürde ist laut Below, der seit fast fünf Jahren als Pastor in Lühnde wirkt, die Sprachbarriere. Doch inzwischen haben sich Dolmetscher gefunden, mit einer VHS-Mitarbeiterin ist ein kostenloser Sprachkurs geplant und für den Google-Translator ist eigens ein Internetanschluss im Gemeindehaus eingerichtet worden. 

Schon beim ersten Treffen in Lühnde nutzten 15 Geflüchtete den blau-gelben Treffpunkt, erzählt Below. Inzwischen hat sich der Kreis auf 23 Geflüchtete erweitert, sagt Jeschke. Bisher seien vorrangig Frauen und Kinder gekommen. Eine der Ausnahmen: Der 39-jährige Stefan Weiss durfte das Kriegsgebiet verlassen, weil er drei kleine Kinder hat.

Die 21-jährige Yana Parkhomenko und die 36-jährige Olha Zavackaga haben vor ihrer Flucht eine Woche lang im Luftschutzbunker ausgeharrt. Mit nur einem Koffer haben sie ihre Heimat verlassen. Zurücklassen mussten sie den Rest der Familie, weil die sich um die 90-jährige Oma kümmern muss, erzählt Zavackaga unter Tränen. Auf jeden Fall möchten die beiden nach dem Krieg zurück. Doch jetzt sie sind sie froh über die Hilfe, die ihnen angeboten wird. Die sei so wichtig, um sich Kraft geben und miteinander sprechen zu können. "

Auch Hildesheimer  Gemeinden bieten blau-gelbe Treffpunkte: In Ochtersum öffnet die Lukas-Gemeinde jeweils mittwochs von 15 bis 18 Uhr im Gemeindehaus ihre Türen für Geflüchtete. Ehrenamtliche, auch von der Katholischen St. Altfried-Gemeinde, stehen für Fragen zur Verfügung, beschreibt Pfarrsekretärin Paola Schneider die Situation. Die Caritas will in einem Flyer alle Treffpunkte der Stadt für Geflüchtete aufnehmen. 

Im Gemeindezentrum von Paul-Gerhardt-Gemeinde am Galgenberg hat laut Pastor Rainer Schwartzkopff auf ehrenamtlicher Initiative ein erstes Begegnungstreffen geflohener Menschen aus der Ukraine stattgefunden. Ob und wie das wiederholt werden kann, muss noch geklärt werden. St. Lamberti stellt die Räume des Gemeindhauses in der Neustadt für Unterricht, Treffen, Kinderprogramm und gemeinsames Kochen kostenlos zur Verfügung, sagt Pastor Jürgen Loest. Organisiert und betreut werden die Projekte von der Freien Evangelischen Gemeinde. Zum Ferienprogramm seien auch ukrainische Kinder eingeladen worden. Martina Prante